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"Ein großer Schritt -in den Köpfen"

Von Martyna Czarnowska

Politik

Eine wesentliche Forderung der ethnischen Minderheiten in Österreich ist vergangene Woche in Verfassungsrang gehoben worden. Mit Zustimmung aller Parteien ist der Schutz und die Förderung der Volksgruppen als Staatszielbestimmung angenommen worden. VertreterInnen der Volksgruppen begrüßen den "Schritt in die richtige Richtung" und verweisen gleichzeitig auf den langen Weg, der noch vor ihnen liegt.


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Mit der Staatszielbestimmung wird einer der Punkte erfüllt, die 1997 im "Memorandum der österreichischen Volksgruppen an die österreichische Bundesregierung und den Nationalrat" aufgelistet wurden. Beim Artikel 8 der Bundesverfassung verankert (in Zusammenhang mit der Staatssprache), lautet der eingefügte Absatz nun: "Die Republik (Bund, Länder und Gemeinden) bekennt sich zu ihrer gewachsenen sprachlichen und kulturellen Vielfalt, die in den autochthonen Volksgruppen zum Ausdruck kommt. Sprache und Kultur, Bestand und Erhaltung dieser Volksgruppen sind zu achten, zu sichern und zu fördern."

Beiräte und VertreterInnen der Volksgruppen begrüßen die Staatszielbestimmung als einen Schritt in die richtige Richtung, dem andere jedoch noch folgen müssen. "Die Philosophie dahinter ist, dass Volksgruppen-Fragen als integrierter Teil der Gesellschaft angesehen werden sollten", erzählt Marjan Sturm, Obmann des Zentralverbandes slowenischer Organisationen in Kärnten und Vorsitzender des Beirates der slowenischen Volksgruppe.

Bis vor kurzem waren diesbezügliche Bestimmungen vom Völkerrecht abgeleitet, dabei sollten sie vom österreichischen Staat ausgehen, betont Sturm. Die Staatszielbestimmung stelle nun ein eigenständiges Bekenntnis zu den Volksgruppen dar. Und: "Der Gesetzgeber muss seine Handlungen an der Verfassung messen, daher ist es ein großer Fortschritt für uns", erklärt Sturm. Dies könne Konsequenzen in vielen Bereichen haben.

"Es ist ein großer Schritt passiert - in den Köpfen", betont auch Silvija Resetarits vom Kroatischen Akademikerklub. Alle Parteien bekennen sich zu den Volksgruppen, darauf können sich diese nun berufen. Doch nun gilt es auch weitere Schritte zu setzen: Ausbau des zweisprachigen Schulwesens, die Medienfrage, Ratifizierung und Umsetzung europäischer Übereinkommen nennt Resetarits als nächste Herausforderungen. Konkretes, einklagbare Normen müssen folgen.

Bringt die Staatszielbestimmung im Moment vielleicht nicht viel, so rückt sie ein langfristiges Ziel ein Stück näher. Marjan Sturm fasst es in Worte: "Die Menschen sollen sich bewusst werden, dass sie in einem Land der sprachlichen und kulturellen Vielfalt leben."