Zum Hauptinhalt springen

Ein guter Reporter vor Ort

Von Stefanie Holzer

Kommentare

Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 24 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

In den Ö1-,,Journalen" der letzten Zeit berichtete Christian Wehrschütz aus Belgrad über den Ausgang der Wahl, über die Taktik der Opposition, sich nicht an der angekündigten Stichwahl zu beteiligen, über die daraus erwachsenden Gefahren und Chancen.

Als der Generalstreik anlief, merkte er an, dass ein Land, in dem die Wirtschaft ohnehin darniederliegt und die Schattenwirtschaft blüht, ein solcher Streik schwierig effizient in Szene zu setzen ist. Es gelang Wehrschütz immer wieder, neue und überraschende Aspekte der jugoslawischen Wirklichkeit via Radio zu vermitteln.

Als am Donnerstag der Machtwechsel vollzogen wurde, fiel auf, wie die Balkan-Experten gegen die Reporter vor Ort abfielen. Das "Abendjournal" in Ö1 bot den weithin verbreiteten Jens Reuter auf, dessen allgemeine Ausführungen kaum zur Erhellung der Lage beitragen konnten. Es zeigte sich, dass der Experte Ruhe braucht, um seine Kenntnisse zu Nachrichten für den Hörer zu verdichten. Wenn sich der Sturm schon erhoben hat, ist der Experte geschlagen. Das ist die Stunde des Reporters vor Ort.

Im Gegensatz zum ORF-TV brachte die ARD eine Sondersendung zu den Ereignissen in Jugoslawien schon um 20.15 Uhr zustande. Neben Jens Reuter lud man sich dort auch zwei orthodoxe Priester ein, die man zur Rolle ihrer Kirche in Serbien befragen wollte. Rüpelhaft fiel ihnen Moderator Peter Mezger ins Wort, als sie ihre Kirche verteidigten und verabschiedete sie flugs wieder. Akzentbehaftetes Deutsch und Widerspruch sind für das Fernsehen offenbar nicht zumutbar.