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Ein gutes Gespräch mit Verspätung

Von Gerhard Lechner

Politik

Moskau. Verspätungen dürften bei Wladimir Putin öfters vorkommen: "Er ist wohl gerade aus Sotschi weggeflogen", scherzten russische Journalisten Freitagmittag im Gästeraum des Premiers, als der zum vereinbarten Zeitpunkt noch nicht zum Treffen mit Bundespräsidenten Heinz Fischer eingetroffen war.


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Rund eine Stunde später als vereinbart war es aber so weit, und Fischer schüttelte dem "Herrn Präsidenten", wie er Putin bezeichnete, die Hand - eine Funktion, die der ehemalige Staatschef nach Meinung vieler Beobachter in Wahrheit nie aufgegeben hat. Sie erwarten, dass Putin im kommenden Jahr, wenn Präsidentenwahlen stattfinden, auch nominell wieder in den Kreml zurückkehren wird.

Der Premier entschuldigte die Verspätung mit den zähen und langwierigen Gesprächen vom Vortag in Minsk, wo Putin über einen russischen Milliardenkredit für Weißrussland verhandelte. Der Ministerpräsident gab - in Fischers Worten - auch gleich einen "langen und differenzierten" Überblick über die russische Position zu dem krisengebeutelten Land. Das Gespräch dauerte rund eine halbe Stunde länger als geplant und reichte thematisch vom geplanten Ausbau der russischen Breitspurbahn bis nach Wien über die rechtliche Stellung der russisch-orthodoxen Kirche in Österreich bis zu Energiefragen. Nach Einschätzung des Bundespräsidenten zeigte sich Putin über Österreichs Festhalten an der Nabucco-Pipeline, die Russland umgeht, zwar nicht gerade begeistert, akzeptiert die Position Wiens aber.

Fischer, der noch am Freitag nach Tatarstan weiterreiste, zeigte sich über den Verlauf der bilateralen Wirtschaftsgespräche befriedigt: "Die Sache läuft gut", meinte der Präsident, die von ihm und Amtskollegen Dmitri Medwedew ausgerufene "Modernisierungspartnerschaft" sei mehr als eine Überschrift. Wiewohl die von den Präsidenten und Ministern am Donnerstag unterfertigten Deklarationen sehr vage gehalten waren, wies etwa Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner darauf hin, dass 27 konkrete Projekte unter Dach und Fach gebracht worden seien. So würde beispielsweise auch Russland in Wien ein Innovationszentrum errichten.

Fischer hatte mit Medwedew am Donnerstag auch über Medienfreiheit in Russland am Beispiel der ermordeten Journalistin Anna Politkowskaja gesprochen, der in Österreich viel diskutierte Fall des in Wien auf offener Straße ermordeten Tschetschenen Omar Israilov kam hingegen nicht zur Sprache. Knapp vor dem Abschluss steht dafür ein russisch-österreichisches Abkommen im Polizeibereich.