Ölfunde werden viel Geld in Ghanas Staatskasse spülen.
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Accra/Wien. Ghanas Hauptstadt Accra ist vollgepflastert mit Plakaten. Wo sich Platz findet - auf Märkten, freien Wänden oder Verkehrsbrücken -, prangen die Gesichter und Werbebotschaften der Kandidaten für die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen am Freitag. Dazwischen finden sich aber auch Aufrufe, die zu Frieden während des Urnengangs auffordern.
Sorgen bereiten manche verbale Scharfschüsse während des Wahlkampfs und vereinzelte Berichte von politisch motivierter Gewalt in den vergangenen Wochen. Gleichzeitig betonen Politiker aller Lager aber immer wieder, dass man sich mit Argumenten und nicht mit Fäusten duellieren soll.
Und generell gilt Ghana im unruhigen Westafrika als Hafen der Stabilität. Die Sicherheitskräfte wurden zwar für die Wahl verstärkt. Doch insgesamt herrscht in der Bevölkerung Optimismus, dass alles ruhig verlaufen wird. "Die Leute sind entspannt, gehen ihren alltäglichen Geschäften nach und freuen sich auf die Wahlen", berichtet der ghanaische Journalist Mike Anane der "Wiener Zeitung".
Kaum ethnische Trennlinien
Damit unterscheidet sich Ghana von manch anderen afrikanischen Ländern, in denen Wahlen Angst vor Gewalt auslösen. Ein Beispiel ist die benachbarte Elfenbeinküste (Cote d’Ivoire). Dort herrschte nach der umstrittenen und von Betrugsvorwürfen überschatteten Präsidentenwahl Ende 2010 für einige Monate Bürgerkrieg.
Befeuert wurde der Konflikt durch die Rivalität zwischen Christen und Moslems und ethnische Spannungen. Entlang dieser Trennlinien wurde in der Elfenbeinküste auch gewählt. In Ghana hingegen spielen derartige Zugehörigkeiten in der Politik eine viel geringere Rolle. "Die großen Parteien haben zwar ihre ethnischen Hochburgen. Doch sie versuchen, alle Gruppen anzusprechen. Zudem sind die Parteispitzen ethnisch durchmischt und inkludieren sowohl Christen als auch Moslems", sagt Sebastian Elischer vom Hamburger Giga-Institut für Afrika-Studien Das trägt viel dazu bei, warum Wahlen in Ghana viel weniger durch Gewaltausbrüche gefährdet sind.
Elischer nennt weitere Gründe für Ghanas Stabilität: "Unter der politischen Elite gibt es den Konsens, dass demokratische Spielregeln einzuhalten sind", so der Politologe. Zudem hat die frühere Militärdiktatur schon autokratische Systeme erlebt, zu denen weder Bevölkerung noch Politiker zurückkehren wollen.
So hat Ghana in den vergangenen zwei Jahrzehnten fünf international als fair und transparent eingestufte Wahlen abgehalten. Auch als der krebskranke Präsident John Atta Mills im Juli dieses Jahres starb, wurde sein Stellvertreter John Dramani Mahama binnen eines Tages zu seinem Nachfolger ernannt, ohne dass es zu Grabenkämpfen kam. Mahama vom National-Demokratischen-Kongress rittert auch diesmal ums Präsidentenamt, sein schärfster Konkurrent ist Nana Akufo Addo von der Neuen Patriotischen Partei. Der Journalist Anane erwartet ein ganz knappes Rennen.
Große Versprechen
Die politischen Unterschiede zwischen den beiden Kandidaten seien dabei laut Anane gering. Und beide Politiker machen große Versprechungen: dass sie die Korruption bekämpfen, für mehr Bildung und ein besseres Gesundheitswesen sorgen werden. Damit sind auch schon die dringendsten Probleme Ghanas angesprochen. Obwohl die Wirtschaft stark wächst und die Armut gesenkt werden konnte, zeigt sich in städtischen Slums und hinterherhinkenden ländlichen Regionen noch viel Massenelend. "Die Politiker werden nicht alle Versprechen halten können", sagt Anane. "Aber die Wähler werden sie ständig daran erinnern. Die Ghanaer sind der Politiker müde, die ihre Versprechen brechen."
Ein weiteres großes Thema im Wahlkampf ist das Öl. In der kommenden Legislaturperiode werden die zuletzt gemachten Funde wohl erschlossen sein und große Einnahmen in die Staatskasse spülen. Für viele afrikanische Länder erwiesen sich Rohstofffunde aber schon als Ressourcenfluch. Beispiel Nigeria: Dort hat das Öl vor allem die Unterschlagung von Geldern gefördert. Die Bevölkerung aber blieb arm und muss nun auch mit verschmutzten Flüssen kämpfen. In Ghana haben Zivilgesellschaft und Medien schon angekündigt, dass sie genau darauf achten wollen, was mit den Ölgeldern geschieht.