Was US-Präsident Trump und Nordkoreas Staatschef Kim besprechen, wirkt sich auf Südkorea und China aus.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 5 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Hanoi/Wien. Charlie Chaplin und Graham Greene waren auch schon dort. Nämlich im luxuriösen Fünf-Sterne-Hotel Metropole, das während der französischen Kolonialherrschaft in der vietnamesischen Hauptstadt Hanoi erbaut wurde. Chaplin verbrachte in dem Haus seine Flitterwochen, und Greene soll dort seinen legendären Roman "Der stille Amerikaner" geschrieben haben.
Dessen Titel passt nicht sonderlich zu einem Gast, der sich dieser Tage in dem Hotel aufhält: US-Präsident Donald Trump führt dort Gespräche mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un. Das Metropole ist der Austragungsort des zweitägigen Gipfels zwischen den beiden Staatschefs.
Der Mittwoch diente dabei lediglich einem ersten Austausch der Positionen. Einem Abendessen der beiden Delegationen folgte ein Vieraugengespräch der beiden Staatschefs. Vorab gab es aber schon einmal für die Kameras ein betont freundschaftliches Händeschütteln. Trump zeigte sich optimistisch, dass der Gipfel mit Kim, zu dem er "ein sehr, sehr gutes Verhältnis" habe, erfolgreich sein werde. Gleichzeitig betonte er, dass er keine Abstriche bei seinen Forderungen nach einem Ende von Nordkoreas Atomwaffenprogramm machen werde. Und auch Kim sagte, er sei zuversichtlich, dass dieses Treffen "ein herausragendes Ergebnis" bringen wird.
Beide Seiten stehen auch ein wenig unter Druck, dass sie sich bei diesem Gipfel auf Vorzeigbares einigen. Bei ihrem letzten Treffen in Singapur im Juni vergangenen Jahres sind sie übereingekommen, auf eine Denuklearisierung der koreanischen Halbinsel hinzuarbeiten. Das war sehr allgemein formuliert. Nun wird erwartet, dass beim Treffen in Hanoi zumindest erste konkrete Schritte verkündet werden, wie die beiden Seiten dieses Ziel erreichen wollen. Am Mittwoch wurde verkündet, dass sie am Donnerstag eine gemeinsame Erklärung unterzeichnen wollen.
Klar war dabei im Vorfeld aber nur, mit welchen Vorstellungen sie in die Verhandlungen gingen: Die USA fordern von Nordkorea, das seine Atom- und Raketentests vorerst gestoppt und Tunnel am Atomtestgelände Punggye-ri gesprengt hat, weitere, überprüfbare Maßnahmen zur Abrüstung. Nordkorea fordert wiederum von den USA eine Lockerung der Sanktionen.
Sanktionen als Hindernis
Die Strafmaßnahmen hatte der UN-Sicherheitsrat wegen Nordkoreas Atomwaffenprogramm ausgesprochen, die USA haben sie noch einmal ergänzt und verschärft. Wenn nun aber Trump die US-Sanktionen lockert, wäre der nächste logische Schritt, dass auch im UN-Sicherheitsrat die Maßnahmen gegen Nordkorea entschärft werden. Das hätte Auswirkungen auf die ganze Region.
China, schon jetzt der größte Handelspartner Nordkoreas, könnte seine Geschäftskontakte noch einmal intensivieren. Auch südkoreanische Geschäftsleute und Konzerne stehen schon in den Startlöchern - etwa um Nordkorea als billigen Produktionsstandort zu nutzen. Das war schon einmal in einer Sonderwirtschaftszone in der grenznahen, nordkoreanischen Stadt Kaesong der Fall, die aber aufgrund der Atomwaffentests Nordkoreas geschlossen wurde.
Generell sind die rund um Nordkorea gelegenen Staaten, auch wenn sie nur Zaungäste sind, von dem Gipfel zwischen Trump und Kim stark betroffen -und das auch in einem geopolitischen Sinn. So hat Südkorea, dessen Präsident Moon Jae-in die Annäherung zwischen Trump und Kim vermittelt hat, großes Interesse daran, dass der Gesprächsfaden zwischen den USA und Nordkorea nicht abreißt. Ist das nämlich der Fall, herrscht wieder Kriegsgefahr auf der koreanischen Halbinsel.
Entspannt sich die Lage aber weiter und rüstet Nordkorea ab, wird sich auf lange Sicht die Frage nach dem Verbleib der US-Soldaten in Südkorea stellen - zumal Nordkorea deren Abzug fordert. So unwahrscheinlich dieser noch scheint, kann er doch nicht ausgeschlossen werden: Denn es ist das politische Ziel Trumps, US-Truppen nach Hause zu bringen. Die USA würden zudem mit ihren Stützpunkten in Japan in der Region präsent bleiben - wohin sie auch aus Südkorea abgezogene Soldaten verlegen könnten.
Ganz ohne China geht es nicht
So ein Abzug käme wiederum China sehr gelegen. Sonst sind die derzeitigen Entwicklungen aber ein zweischneidiges Schwert für die Volksrepublik. Denn China war nie sonderlich glücklich darüber, welche Unruhe Nordkoreas Aufrüsten in die Region gebracht hat. Gleichzeitig ist es nicht unbedingt im Sinne Pekings, dass ausgerechnet die USA, die in immer schärferer Konkurrenz zu China stehen, in der Nordkorea-Frage nun die Richtung vorgeben.
Doch ganz ohne China können ohnehin keine Fakten geschaffen werden. Eine formale Beendigung des Korea-Kriegs (1950-53) durch einen Friedensvertrag wird ohne Beteiligung aller Kriegsparteien, also auch Chinas, unmöglich sein. Bisher gibt es lediglich einen Waffenstillstand. Es wird spekuliert, dass Trump und Kim in Hanoi ein Ende des Korea-Krieges erklären. Es wäre eine Geste mit großer Symbolkraft - die man mit viel Lärm im altehrwürdigen Hotel Metropole verkünden könnte.