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Am 20. März ist große Rückzahlung von Schulden fällig.|Athens Parteien sollen Sparkurs weiter verschärfen - Pleitetabu wird löchrig.
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Athen. Der Nervenkrieg wiederholt sich im Quartalstakt: Vor jeder Hilfszahlung an Griechenland wird bis zur letzten Minute gepokert. Dieses Mal sind die Umstände besonders verwickelt. Es geht um das zweite Hilfspaket, das nach jüngsten Schätzungen an die 150 Milliarden Euro umfassen muss. Die Geldgeber - vor allem die Euroländer und der Währungsfonds (IWF) - sind unzufrieden mit dem griechischen Sparkurs. Sie mahnen härtere Reformen ein. Die Parteien in Athen zögern aber, weil sie der Bevölkerung vor den Neuwahlen im April keine neuen Belastungen zumuten wollen.
Am Montag sorgten Meldungen für Verwirrung, wonach die Geldgeber den Griechen nur noch eine Frist bis Montagmittag eingeräumt hätten. Ohne schriftliche Zusage, dass ein härterer Spar- und Reformkurs auch nach der Wahl eingehalten wird, soll kein Geld fließen. Laut Regierungschef Lukas Papademos hatten sich die Parteien am Wochenende auf Kürzungen im Umfang von 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts verständigt. Keine Einigung gab es aber über Lohnkürzungen im privaten Sektor, die das Einkommen der Arbeitnehmer um bis zu ein Viertel reduzieren könnten. Außerdem sollen 15.000 Staatsbedienstete schon bis Juni gehen - insgesamt muss Griechenland bis 2015 noch zehnmal mehr Beamte abbauen. Das nächste Krisentreffen der Regierungsparteien wurde auf heute, Dienstag, verschoben.
Pleite am 20. März droht
Und es gibt einen weiteren Knackpunkt: Die Hilfe fließt nur, wenn sich die Regierung mit den privaten Geldgebern über einen Schuldenschnitt einigt. Banken, Versicherungen und Hedgefonds sollen auf rund 100 Milliarden Euro oder 70 Prozent ihrer Forderungen verzichten. Sie verlangen allerdings, dass sich der öffentliche Sektor ebenfalls beteiligt - allen voran die Europäische Zentralbank: Sie hat griechische Anleihen mit einem gehörigen Preisabschlag aufgekauft. Sollte Griechenland diese Anleihen am Ende der Laufzeit regulär zurückzahlen, würde die EZB laut Schätzungen an die 15 Milliarden Euro Gewinn einstreifen.
Deshalb wird spekuliert, dass die EZB den Griechen ihre Anleihen bei Fälligkeit zum Anschaffungspreis zurückverkaufen (und somit den Schuldenberg reduzieren) könnte. Mit Spannung wird erwartet, was EZB-Chef Mario Draghi am Donnerstag nach der Zinssitzung zum Thema sagt.
Fix ist, dass das Geld am 20. März in Athen sein muss. Dann müssen nämlich fast 15 Milliarden Euro an Schulden zurückgezahlt werden. Ohne Hilfe wäre ein chaotischer Bankrott unabwendbar - das wäre ein hochriskantes Experiment und gilt als Tabu.
Pleiteszenarien bei CSU/FDP
Angesichts der nötigen Beschlüsse wird die Zeit knapp. Die EU-Kommission sieht die Verhandlungen schon "jenseits der Frist", sagte der Sprecher von EU-Währungskommissar Olli Rehn. Man hätte auf eine Einigung am Wochenende gehofft. Die Schuldenschnitt-Verhandlungen mit den Privatgläubigern könnten "in den nächsten Tagen" abgeschlossen werden. Es gebe aber auch Löcher bei den Sparauflagen: "Der Ball liegt bei den griechischen Stellen", so Amadeu Altafaj-Tardio.
Der Sprecher dementierte Meldungen, dass Szenarien eines griechischen Euro-Austrittes durchgespielt würden: Es sei aber kein Geheimnis, dass private Akteure solche Notfallpläne hätten. Allerdings plädiert auch Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) für den Euro-Austritt Griechenlands. Die Politiker müssten dafür sorgen, dass "eine Pleite Griechenlands keine Pleite des Euro und Europas" werde. FDP-Generalsekretär Patrick Döring schließt eine "geordnete Insolvenz" als letztes Mittel nicht aus.
Die griechischen Gewerkschaften riefen für heute, Dienstag, erneut zum Großstreik auf. "Wir planen eine eintägige Arbeitsniederlegung", sagte Ilias Iliopoulos von der Gewerkschaft Adedy. Speziell die geplante Kürzung des Mindestlohnes (derzeit 750 Euro) sorgt für Empörung. Der EU-Sprecher verteidigte diese: Mit 14 Mal 650 Euro liege der angepeilte Mindestlohn immer noch über jenem in Portugal.