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Wer glaubt, die Ehe Voest-Böhler wäre schon vollzogen, der irrt. Trotz eines sehr professionellen Agierens vieler Akteure hinter den Kulissen gibt es noch etliche Ehehindernisse.
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Denn beide Gesellschaften haben längst einen hohen Anteil internationaler Aktionäre. Alleine im Besitz von angelsächsischen Fonds befinden sich jeweils mindestens 30 Prozent. Die Böhler-Uddeholm AG ist überhaupt schon zur großen Mehrheit in ausländischen Händen; Die "voestalpine AG" nur dann nicht, wenn man zu den 46 Prozent, die als österreichisch angegeben werden, noch die 10,3 Prozent der Mitarbeiter dazurechnet.
Daher wird es spannend, ob die Linzer wirklich 50 Prozent der Böhler-Aktien zum gebotenen Preis bekommen. Internationale Anleger haben üblicherweise wenig Verständnis für patriotische Argumente und schauen nur, dass ihr Geld einen hohen Ertrag abwirft.
Es wird daher sehr stark darauf ankommen, ob man die Aktion als industriestrategisch sinnvoll darstellen kann - und nicht bloß als Versuch, einen österreichischen Industrie-Konzern vor bösen ausländischen Heuschrecken zu retten, oder gar als Wiedereinmischung der Politik in die Wirtschaft. Im Vorjahr haben die Märkte das Projekt OMV-Verbund beispielsweise vehement abgelehnt.
Überzeugungsarbeit ist in zwei Richtungen nötig: Sowohl die Aktionäre des verkauften wie die des aufnehmenden Unternehmens könnten die Suppe versalzen. Die knapp davor von der SPÖ noch heftig attackierte Fries-Gruppe, der bisherige Böhler-Haupteigentümer, ist aber jedenfalls bereit zum Verkauf.
Manche wollen in dem Deal eine Wiederbelebung der alten Verstaatlichten sehen, als noch Politiker, Partei- und Gewerkschaftssekretäre Jobs in der Staatsindustrie vergeben haben - und die Steuerzahler die dabei entstandenen Defizite decken mussten. Dieser Vergleich lässt allerdings die gewaltigen Änderungen außer Acht, die die beiden Vorzeigeunternehmen erzielt haben.
Voest wie Böhler haben freilich auch enorm von der globalen Stahlkonjunktur profitiert, die von der Expressfahrt Chinas und Indiens in den Kapitalismus ausgelöst worden ist. Beide haben es zugleich verstanden, durch Spezialisierung exklusive Nischen zu erobern. Die internationalen Aktien- und Pensionsfonds wollen schlicht eines: ebenfalls an diesem Erfolg partizipieren. Daher wäre auch ein Verkauf an CVC sicher keine Katastrophe gewesen.
In einer anderen Hinsicht löst die anvisierte Stahlehe aber schon problematische Nostalgie-Gefühle aus: Größte Aktionäre des neuen Konzerns werden nämlich die Raiffeisenlandesbank Oberösterreich und die Oberbank sein. Die meisten übrigen Banken sind hingegen zuletzt einhellig zu der Erkenntnis gekommen, dass eine Bank Geschäfte mit der Industrie machen soll, aber nicht durch die Industrie, also nicht als deren Eigentümer. Insofern hat das Projekt also zweifellos doch Retro-Charakter und erinnert an das Ende von CA und Länderbank. Seite 25