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Ein Hauch von Vermögenssteuern durch die Hintertür

Von Clemens Neuhold

Politik

Echte Vermögenssteuern bleiben tabu, nur an kleinen Schrauben wird gedreht.


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Wien. Still ist es geworden um die Vermögenssteuer und Erbschaftssteuer, die von der SPÖ im Wahlkampf propagiert wurden. Nur noch die Arbeiterkammer, die eine Wahl zu schlagen hat, tritt laut dafür ein.

Doch das Thema Vermögenssteuern geht über die zwei "roten" Wahlkampfschlager hinaus. Denn auch andere Steuern folgen indirekt der Logik, dass jene mehr zahlen sollen, die mehr haben - und das nicht nur über höhere Einkommensteuern.

Gerade erst erhöht wurde die Normverbrauchsabgabe (Nova), die beim Kauf von Autos und Motorrädern anfällt. Ersetzt man "Nova" durch den Namen ihres Vorgängers, rückt sie in die Nähe von Vermögenssteuern: "Luxussteuer". In Österreich galt diese ab 1978 für den Kauf von KfZ, Schmuck, Uhren, Pelze, Konsumelektronik. Sie entfiel 1992 und wurde bei Autos durch die Normverbrauchsabgabe abgelöst.

City-SUV wird teurer

Sie ist rein rechtlich eine "Verkehrssteuer" und in der Praxis trifft die mit ökologischen Aspekten begründete Erhöhung nicht nur "Luxusfahrzeuge und Benzinschleudern", wie der Auto-Dienstleister Euro-Tax beklagt, sondern "73 Prozent der Neuwagen". Doch tendenziell legen sich Reiche öfters einen fetten Vorstadt-SUV oder Maserati zu. Und so lebt der alte Geist der Luxussteuer in der Nova fort.

Noch deutlicher wird das bei der Grunderwerbssteuer. Die fällt nämlich auch für Erben beim "Grundstückserwerb von Todes wegen" an. Diese Steuer ist gerade heiß diskutiert, weil sie nach einem Urteil des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) entweder bis Mai "repariert" werden muss oder automatisch in die Höhe schnalzt. Der Vorkämpfer gegen Vermögenssteuern im Wahlkampf, ÖVP-Chef und Finanzminister Michael Spindelegger, beeilte sich zu beteuern: "Mit mir gibt es keine Erbschaftssteuer durch die Hintertür." Was ist überhaupt zu reparieren? Der "Einheitswert". Was furchtbar technisch klingt, ist der Hauptgrund dafür, dass die Vermögenssteuern in Österreich im internationalen Vergleich sehr niedrig sind. Vom Einheitswert hängen Erbschaftssteuer, Grunderwerbssteuer, Grundsteuer (auf inländischen Grundbesitz) ab.

Diese Einheitswerte wurden in einer Zeit fixiert, als Gründe und Immobilien wenig wert waren, und wurden nicht an die Inflation angepasst. Geschweige denn an das, was Grundstücke und Immobilien, deren Preis zuletzt rasant anzogen, am Markt wirklich wert sind. Das wäre nämlich der sogenannte "Verkehrswert". Finanzrechtsprofessor Werner Doralt zitiert das Beispiel einer Immobilie aus Friedenszinszeiten, die gerade um 1,5 Millionen Euro verkauft wurde - bei einem Einheitswert von 10.000 Euro. Von eingefrorenen Einheitswerten profitierten Generationen an Erben, Häuslbauern, Grundstückskäufern -der Staat holte sich das Geld woanders, etwa bei Löhnen.

"Fürchtet euch nicht"

Als der VfGH 2008 bei der Erbschaftssteuer eine realitätsgetreuere Berechnung einforderte, schaffte die Regierung die Steuer kurzerhand ab. Und weil sich noch jede Regierung der vergangenen 30 Jahre davor drückte, das Problem zwischen Einheitswerten und Verkehrswerten zu lösen, stellt sich das Problem immer wieder von Neuem - nun eben bei der Grunderwerbssteuer. Diese dürfte nun auf Verkehrswerte umgestellt werden, allerdings mit einem deutlich niedrigeren Steuersatz (damit die Belastung insgesamt nicht steigt, wie Spindelegger verspricht).

Doch auch hier würden Grundstücke in teuren Lagen im Verhältnis stärker belastet als in günstigen Lagen, gibt eine Expertin im "Kurier" zu bedenken. Also auch hier: eine Spur von Luxussteuer. Allerdings dürfte sich der Mehraufwand selbst für Villenbesitzer in Döbling bei einem Steueraufkommen von österreichweit 50 bis 80 Millionen pro Jahr auf ein besseres Essen reduzieren.

Die Steuer fließt an die Gemeinden. Der Präsident des Gemeindebundes, Helmut Mödlhammer, schätzt, dass ganz grob rund ein Drittel auf das Vererben und Weitergeben von Besitz entfällt. Darauf will er auf keinen Fall verzichten. Droht ihm das? Doralt gibt zu bedenken: Für die "Bagatelle" auf Verkehrswerte umzustellen, könnte "vom bürokratischen Aufwand" her teurer werden als die Steuer für Erbfälle zu streichen. Und am Schluss hat die Politik stets den leichteren Weg gewählt. Doch dann hat sie Mödlhammer plus Gemeinden vor den Parteizentralen. Die verlieren schon bei der Grundsteuer jährlich an Einnahmen, weil sie nicht an die Inflation angepasst ist.

Die Grundsteuer, die jährlich 500 Millionen Euro bringt, ist pro Häuslbauer oder Mieter so niedrig, dass Justitia sie nicht beanstandete. Doch auch sie wird früher oder später zumindest an die Inflation angepasst - was Vermögende mehr trifft.

Fazit: Die eine oder andere zusätzliche Million kommt durch die Hintertür herein, echte Vermögenssteuern bleiben tabu und im internationalen Vergleich niedrig - vor allem wegen der niedrigen Grundsteuer. Die umfasst in anderen Ländern wie den USA zwar auch Kanal- oder Wassergebühren, was verzerrt. Doch im unteren Feld bleibt Österreich trotzdem. Spätestens dann, wenn es 2016 wieder darum geht, wie die Entlastung bei den Lohnsteuern "gegenfinanziert" wird, ist die Arbeiterkammer mit ihrer Forderung nicht mehr alleine.