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"Ein Hellseher bin auch ich nicht"

Von Stefan Melichar

Wirtschaft
Viel Spektakel, wenig Inhalt: Kulterers erster Auftritt nach der U-Haft. Foto: G. Peroutka/WB

Zu Styrian Spirit: Politische Umstände "unglücklich". | 3 Millionen Euro im Koffer waren ein "Kundentransfer". | Klagenfurt. Zahlreiche Fernsehkameras, Journalisten, die sich gegenseitig interviewen, Nervosität: Die Rede ist nicht etwa vom Medienspektakel rund um verschüttete Minenarbeiter in der Wüste von Chile. Hier geht es um eine simple Pressekonferenz in einem Klagenfurter Hotel. Ex-Hypo-Alpe-Adria-Chef Wolfgang Kulterer hat die letzten drei Monate ab Mitte August auch nicht untertage verbracht, sondern hinter schwedischen Gardinen.


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Der erste öffentliche Auftritt, seit er vor zwei Wochen gegen 500.000 Euro Kaution aus der Untersuchungshaft entlassen worden war, wurde dennoch mit Hochspannung erwartet - auch wegen der eigenwilligen Begleiterscheinungen.

Journalisten mussten ihre Fragen einreichen

Eigentlich wollte der ehemalige Bankchef nämlich schon während der U-Haft den Medienvertretern Rede und Antwort stehen. Er fürchtete eine Vorverurteilung, da er nicht persönlich seine Position zu den diversen Vorgängen in der Hypo darlegen konnte. Ein Ansuchen auf eine Pressekonferenz in einem Gerichtssaal wurde jedoch abgewiesen.

Als Kulterer am Freitag - etwas blass und mitgenommen - vor die Presse trat, blieb nichts dem Zufall überlassen: Fragen waren spätestens zwei Tage vorher seinem Kärntner Anwalt Ferdinand Lanker zu übermitteln gewesen. Schließlich muss der Ex-Bankchef aufpassen, sich nicht durch unüberlegte Formulierungen noch tiefer in die Bredouille zu bringen.

Während eines 50-minütigen Monologs wies Kulterer jede Verantwortung am Niedergang der Bank und möglicherweise illegalen Vorgängen zurück. Die spätere Mehrheitseigentümerin BayernLB habe (nach seinem Ausscheiden) einen unverantwortlichen Wachstumsplan umgesetzt und dann auf Basis zu pessimistischer Bewertungen die Notbremse gezogen. Mit solchen Bewertungsmethoden "stelle ich Ihnen den Totenschein für jede europäische Bank aus", so Kulterer. Was den umstrittenen Zwei-Millionen-Euro-Kredit anbelangt, den die Hypo 2005 der bald darauf pleitegegangenen Fluglinie Styrian Spirit gewährt hatte und der mit ein Grund für die U-Haft Kulterers gewesen ist, verwies der Banker auf eine zunächst zugesagte Ausfallshaftung durch das Land Kärnten. Dass es zu einer solchen letztlich nicht gekommen ist, sei auf "unglückliche" politische Umstände zurückzuführen. Dies wäre nicht zu erwarten gewesen: "Ein Hellseher bin auch ich nicht."

Bei seinen Ausführungen ließ sich Kulterer nicht einmal von übereifrigen Fotografen aus der Ruhe bringen, die zuerst Mikrofone und dann auch noch ein Schaubild, das die Bilanzsummenentwicklung der Hypo zeigte, zu Fall brachten. Wenig Grund zur Nervosität gab es jedenfalls beim Fragen-und-Antwort-Teil der Pressekonferenz: Diesen gestalteten der Ex-Hypo-Chef und sein Anwalt nämlich unter Ausschluss der anwesenden Journalisten. Lanker fasste die wichtigsten vorab eingereichten Fragen - bereinigt um die spannenden und wesentlichen Details - zusammen, Kulterer antwortete darauf.

Immerhin erfuhr man, dass das Geld für die Kaution nicht von Geschäftspartnern, sondern aus dem "erweiterten Freundes- und Familienkreis" gekommen sei. Bei einem vom ORF-Radio berichteten Fall, bei dem Kulterer drei Millionen Euro in einem Geldkoffer bei der Hypo-Tochter in Liechtenstein abgehoben haben soll, habe es sich nur um einen Geldtransfer für einen Kunden gehandelt. Kulterer ist sich sicher, dass am Ende von den Vorwürfen "null" übrigbleiben werde. Er werde "mit reiner Weste" aus dem Verfahren gehen.

Journalisten kamen übrigens nicht zu Wort - außer bei den gegenseitigen Interviews.