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Ein Herz für Leistungsträger

Von Walter Hämmerle

Politik

Klubchef Kopf: "Sozialleistungen müssen zuerst verdient werden." | Startschuss für Programmdebatte. | Krems. "Leistung muss sich lohnen, wenn nicht, ist der Sozialstaat in Gefahr": Mit dieser programmatischen Ansage eröffnete Klubobmann Karlheinz Kopf am Dienstag die ÖVP-Klubklausur im Kloster Und in Krems. Kopf setzte damit fort, was Parteichef Josef Pröll vor einem Monat in seiner Grundsatzrede angestoßen hatte: Eine politische Debatte über Leistungs- und Verteilungsgerechtigkeit aufgehängt an der Idee eines Transferkontos für alle Sozialleistungen der öffentlichen Hand.


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Kopf plädierte für eine Abkehr von einem einseitigen Solidaritätsbegriff, der nur die Leistungsempfänger im Visier habe, die Leistungsfinanzierer aber ausblende: Die ÖVP bekenne sich zur sozialen Solidarität, so der Klubchef, aber es gelte nun auch, "das Bewusstsein zu schärfen, dass soziale Wohltaten erst verdient werden müssen".

Argumentative Unterstützung holte sich die ÖVP vom Grazer Wirtschaftswissenschafter Franz Prettenthaler, der die Diskussion mit einer Studie über Verteilungsungerechtigkeiten bei Sozialleistungen losgetreten hatte. Seine Kernaussage: Vor allem der mittlere Einkommensbereich bei Familien muss mit Armutsfallen kämpfen, wenn Sozialtransfers plötzlich ausbleiben.

Experte Mazal sieht Chancen und Risiken

Der Wiener Sozialrechtsexperte Wolfgang Mazal führte dann die Chancen und Risiken eines Transferkontos vor Augen: Auf der Habenseite stünde ein Zugewinn an Transparenz und Information über die Wirksamkeit konkreter sozialpolitischer Maßnahmen zur Armutsbekämpfung. Demgegenüber stünden Fragen der Art, ob man nur "Informationen für die Bürger oder über die Bürger" sammle; und stecke dahinter nicht auch das Ziel, nach Einsparungsmöglichkeiten zu suchen? Auch prophezeit er eine Grundsatzdebatte über die Unterschiede zwischen Männern und Frauen jenseits von Einkommensunterschieden. Trotz dieser teils skeptischen Überlegungen sieht Mazal die Chance "für eine Initialzündung für eine Verteilungsdebatte" - und eine solche brauche das Land dringend.

Pröll selbst betonte dann in seiner Rede, an der Umsetzung des Transferkontos "draufbleiben" zu wollen, auch wenn er sich angesichts der Skepsis beim Koalitionspartner SPÖ nicht auf einen konkreten Umsetzungstermin festlegen lassen will. Konkrete Hoffnungen setzt er dabei auf Sozialminister Rudolf Hundstorfer, der sich in einer ersten Reaktion nicht grundsätzlich gegen ein solches Unterfangen ausgesprochen hatte, und die Mindestsicherung: Hier will Pröll einen ersten Transferkonto-Pilotversuch starten.

Als Gegengewicht zu dieser Debatte will die ÖVP auch für mehr Leistungsgerechtigkeit auf der anderen Seite sorgen. Das Motto "lass dein Geld arbeiten, statt selber zu schuften" sei dazu angetan, die Leistungsbereitschaft der Menschen zu untergraben. Hierzu präsentierte Finanzstaatssekretär Reinhold Lopatka den Abgeordneten am Nachmittag die Eckpunkte eines "Vertrauenspakets für die Finanzmärkte" (siehe Artikel Wirtschaft).

Anschließend setzte Generalsekretär Fritz Kaltenegger den Auftakt zur internen Arbeit an einem neuen Parteiprogramm. Der öffentliche Startschuss findet am 27. November in Wien statt, der Abschluss ist für 2012 avisiert.