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Experte: Militärregime hat jegliche | Legitimtät verloren. | Mönche wurden durch Verhaftungswelle ruhiggestellt. | Rangun/Wien. In Burma (Myanmar) keimt erstmals nach der blutigen Niederschlagung der Proteste gegen die Militärjunta ein wenig Hoffnung auf: Das Militär-regime will nun nach eigenem Bekunden einen Prozess der nationalen Versöhnung einleiten. Die Regierung bemühe sich um Demokratisierung, schrieb die Staatszeitung "The New Light of Myanmar" nach einem Treffen der Anführerin der Demokratiebewegung, Aung San Suu Kyi, mit dem Verbindungsminister der Junta, Aung Kyi. Und auch die seit Jahren unter Hausarrest stehende Friedensnobelpreisträgerin Suu Kyi ist zu Verhandlungen bereit und attestiert den mit eiserner Faust regierenden Generälen einen gewissen Willen zum Wandel.
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"Es sieht danach aus, dass sich ein Zeitfenster geöffnet hat, in dem ein Dialog möglich ist", meint dazu der Burma-Experte Marco Bünte vom Giga-Institut für Asien-Forschung in Hamburg. Gleichzeitig gibt Bünte allerdings zu bedenken, dass die Gesprächsbasis sehr fragil ist. "Die Paranoia der Militärs ist sehr groß", erklärt Bünte im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Die Generäle würden sämtliche Oppositionsbewegungen als vom Ausland gesteuert ansehen und könnten schnell verlauten lassen, dass sie sich eine Einmischung von außen verbieten und die Gespräche wieder abbrechen.
Zudem regiert die Junta vollkommen abgeschottet in der im Dschungel neuerrichteten Hauptstadt Naypyidaw, von den internen Sitzungen und Besprechungen dringt nichts nach außen. Eine Einschätzung der Pläne des Regimes ist dementsprechend schwierig.
Signale sind widersprüchlich
Die Signale der vergangenen Tage sind jedenfalls widersprüchlich: Der Ankündigung eines Dialogs mit der Opposition steht die Weigerung von Staatsoberhaupt Than Shwe entgegen, den UN-Sonderbeauftragten für Burma, Ibrahim Gambari, zu empfangen. Andererseits wurde nun dem UNMenschenrechtsbeauftragten Paulo Sergio Pinheiro nach Angaben von Diplomaten ein Besuch des berüchtigten Gefängnisses Insein in Rangun gestattet.
Pinheiro soll Berichten von Misshandlungen während der im September niedergeschlagenen Demonstrationen nachgehen. Mindestens zehn Menschen wurden damals getötet. Laut Menschenrechtsgruppen befinden sich noch immer tausende Menschen in Haft oder sind verschollen. Nur sehr vereinzelt werden Aktivisten freigelassen. Dass große Teile der Opposition weiterhin weggesperrt bleiben, kann wohl kaum als Zeichen der Versöhnung gedeutet werden.
Viele internationale Beobachter befürchten daher, dass das Regime nur so lange Scheinverhandlungen mit der Opposition führt, wie der internationale Druck anhält. Burma steht im Fokus der UNO, die sich um eine Vermittlung zwischen Regime und Opposition bemüht. Die EU und die USA drohen ständig, ihre Sanktionen gegen das Land weiter zu verschärfen.
Bünte will jedoch nicht ausschließen, dass die Generäle tatsächlich einen Übergang vorbereiten. Denn mit den Protesten im September müsste dem Regime klar geworden sein, dass "es jegliche politische Legitimität verspielt hat". Die Junta hatte sich bei der Rechtfertigung ihrer Herrschaft auf zwei Pfeiler gestützt: dass sie den Armen zur Seite steht und dass sie vom buddhistischen Klerus anerkannt wird.
Band zu Geistlichen ist zerrissen
Die prodemokratischen Proteste vor zwei Monaten nahmen jedoch ihren Ausgang von einer Erhöhung der Treibstoffpreise. Die Lebensmittel verteuerten sich dadurch und die drastische Armut in dem unterentwickelten Land wurde verschärft. Und angeführt wurden die Demonstrationen just von buddhistischen Mönchen, die friedlich für eine Öffnung des Landes demonstrierten.
Die Junta schreckte nicht davor zurück, bei der Niederschlagung der Proteste auf die Geistlichen zu schießen. Die Generäle begingen damit ein Sakrileg: Die Verehrung der Gemeinschaft der Mönche gehört nämlich zu den Grundprinzipien des Buddhismus. Das Band zu den Mönchen sei nun zerrissen, sagt Bünte.
Allerdings scheint es dem Regime gelungen zu sein, mit einer Verhaftungswelle gegen Geistliche, die an den Protesten teilnahmen, den Klerus vorerst ruhig zu stellen. Nun bleibt abzuwarten, ob sich die Mönche noch einmal neu organisieren.
Jedenfalls kann die Junta nicht verhindern, dass die rund 400.000 Mönche weiterhin im engen Kontakt zur Bevölkerung stehen. Denn die Geistlichen müssen sich ihre Nahrung durch Almosen erbitten. Sie haben im September die Verschärfung der Armut selbst miterlebt, die schließlich einige Mönche auf die Straßen trieb. Und die kleptokratischen Generäle - Burma liegt beim Korruptionsindex von Transparency International an letzter Stelle - geben keinerlei Anzeichen, dass sie gewillt sind, gegen die Not der Bevölkerung vorzugehen.
Doch neben der Demokratiebewegung und dem Klerus gibt es Bünte zufolge noch einen weiteren entscheidenden Baustein für einen nachhaltigen Versöhnungsprozess: die ethnischen Minderheiten, die rund 30 Prozent der Bevölkerung ausmachen. Mit einigen der insgesamt 135 ethnischen Gruppen befindet sich das Militär im Kriegszustand. Und Staatsoberhaupt Than Shwe hat bereits verlauten lassen, dass das Regime im Moment nicht daran denke, die Minderheiten in den Dialog mit der Opposition einzubeziehen.
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