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Ein illusorisches Modell

Von Peter Muzik

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Erfreulicherweise tauchen beim Forum Alpbach alljährlich neue Ideen auf - bisweilen auch schräge, die umgehend in der Versenkung verschwinden. Heuer tat sich Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl besonders hervor. Sein Vorschlag, dass freiwillig länger aktiv bleibende Arbeitnehmer von der Pensionsversicherung ebenso belohnt werden sollten wie deren Dienstgeber, hört sich zunächst nicht schlecht an. Leider würde er nur wenigen etwas bringen: etwa dem Raiffeisen-Zampano Christian Konrad, der mit 67 noch kein bisschen müde scheint; dem 66-jährigen Ewald Nowotny, der noch jahrelang Gouverneur der Nationalbank sein wird; oder Leitl selbst, der mit 61 absolut keine Ambitionen zeigt, in Pension zu gehen.


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Im Normalfall ist allerdings früher Schluss: Der frühere Bank-Austria-General Erich Hampel beispielsweise musste mit 58 vorzeitig den Job aufgeben, OMV-Boss Wolfgang Ruttenstorfer wird sich kommendes Jahr mit 61 verabschieden. Noch schlimmer als bei Topmanagern sieht es bei anderen Arbeitnehmern aus: Viele werden, zumeist aus Kostengründen, vom Staat und den meisten Unternehmen so frühzeitig in den Ruhestand verabschiedet wie nur möglich. Und selbst erst 50-Jährige, die den Arbeitsplatz verlieren, tun sich heutzutage zumeist höllisch schwer, einen neuen zu finden.

Faktum ist, dass das durchschnittliche Pensionsantrittsalter bei 58 Jahren liegt und nur relativ wenige bis 65 in Amt und Würden bleiben dürfen. Leitl traute sich folglich gar nicht zu schätzen, wie viele Österreicher von seinem Modell profitieren würden. Umso erstaunlicher ist es, dass er von einem - nicht nachvollziehbaren - Sparpotenzial von fünf Milliarden Euro sprach. Es handelt sich jedenfalls, wie ein ÖGB-Vertreter richtigerweise konterte, um ein absolutes Minderheitenprogramm, das nicht geeignet wäre, das dramatisch wachsende Pensionsdilemma in den Griff zu kriegen.

Auch wenn ältere Arbeitnehmer noch so gerne weiter im Berufsleben stünden, liegt die Entscheidung meist nicht bei ihnen. In erster Linie müsste der Politik und Wirtschaft einiges einfallen, damit das gesetzliche Pensionsalter kein unerreichbares Ziel ist. Bleibt zu hoffen, dass spätestens beim nächsten Forum Alpbach realistische Ideen präsentiert werden.