Zum Hauptinhalt springen

Ein Image-GAU für die Schweiz

Von Ronald Schönhuber

Wirtschaft

Der Erfolg der Schweizer Banken beruhte nicht zuletzt auf ihrem Ruf als Fels in der Brandung.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 2 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Für die 50.000 Mitarbeiter, davon rund 17.000 in der Schweiz, war die Nachricht ein Schock. Die Credit Suisse, die 1856 vom Politiker und Geschäftsmann Alfred Escher gegründet wurde, um den Ausbau des Eisenbahnnetzes zu finanzieren und die Industrialisierung der Schweiz zu fördern, verschwindet nach ebenso hektischen wie turbulenten Verhandlungen mit einem Schlag von der Landkarte. Geschluckt von UBS, die dafür nicht nur 3 Milliarden Franken auf den Tisch legt, sondern auch Verluste in Höhe von 5,4 Milliarden Franken übernimmt.

Mit dieser Not-Übernahme, auf die sich die größte Schweizer Bank erst eingelassen hat, als der Druck von Notenbank, Regulierungsbehörden und der Schweizer Regierung übermächtig wurde, droht nun in so gut wie allen bisherigen Geschäftsbereichen der Credit Suisse ein massiver Personalabbau. Allein in der Schweiz, wo es nach wie vor auch noch knapp 200 Credit-Suisse-Filialen gibt, könnten der Nachrichtenagentur Reuters zufolge an die 10.000 Jobs wegfallen.

Diskretion und Solidität

Der Verlust von dermaßen vielen - meist hoch dotierten - Jobs ist aber nur eine der Konsequenzen der ersten Rettung einer Großbank seit dem Jahr 2008. Die quasi über Nacht durchgepeitschte Übernahme der taumelnden Credit Suisse dürfte mittel- bis langfristig auch dem Image der Schweiz als attraktivem Finanzplatz massiv schaden, das schon zuvor durch diverse Compliance-Probleme und eine mitunter fragwürdige Risikobewertung in Mitleidenschaft gezogen wurde.

Willst du diesen Inhalt sehen? Gib den anderen Cookies grünes Licht.

Wiener Zeitung Logo

Cookie Einstellungen

Ohne Cookies funktioniert die Website wienerzeitung.at nur eingeschränkt. Für eine sichere und einwandfreie Nutzung unserer Website werden daher technisch notwendige Cookies verwendet. Für die Darstellung von Inhalten von Drittanbietern (YouTube und APA) werden Session-Cookies gesetzt. Bei diesen kann eine Datenübermittlung in ein Drittland stattfinden. Ihre Einwilligung zur Setzung genannter Cookies können Sie jederzeit unter "Cookie Einstellungen" am Seitenende widerrufen oder ändern. Nähere Informationen zu den verwendeten Cookies finden sich in unserer Datenschutzerklärung und in unserer Cookie-Policy.

Technisch notwendig
Youtube
Andere

So haben die Schweizer Banken in der Vergangenheit nicht zuletzt deshalb Jahr für Jahr Milliarden in der Vermögensverwaltung verdient, weil reiche Kunden aus aller Welt nicht nur auf eine gewisse Diskretion vertrauen durften, sondern auch darauf bauen konnten, dass ihr Geld solide und ohne große Verlustrisiken angelegt wurde. "Die Schweiz war der Fels in der Brandung", sagt ein ehemaliger ranghoher Credit-Suisse-Mitarbeiter, mit vielen Jahren Erfahrung im Private Banking zur "Wiener Zeitung". "Viele haben sich gedacht, dort kann doch gar nichts passieren."

Doch dieses Vertrauen in die Schweizer Solidität scheint nun verspielt zu sein. "Die Welt schaut in diesen Stunden auf die Alpenrepublik. Kunden der Credit Suisse in Europa, England, Amerika und Asien fragen sich, ob ihr Geld beim einstigen ,Rock solid‘-Finanzmulti noch sicher sei", schreibt das Finanzportal "Inside Paradeplatz", das zu den bestinformierten Beobachtern der Bankenszene in Zürich zählt. Nicht umsonst hatte UBS-Verwaltungsratspräsident Colm Kelleher bei der Präsentation des Rettungsplans am Sonntagabend wohl betont, auch die neue UBS sei standfest wie ein Felsen.

Konkurrenz am Golf

Für Verunsicherung bei Anlegern hat nicht zuletzt der Umgang mit sogenannten AT1-Anleihen bei der Übernahme der Credit Suisse gesorgt. Diese Papiere, die zwar fest verzinst werden, aber für die Banken fast so gut wie Eigenkapital sind, wurden nach der Finanzkrise entwickelt, um Banken einen zusätzlichen Puffer und Investoren trotz der hohen Risikoklasse einen höheren Schutz zu bieten als Aktien. Bei der Credit Suisse, die AT1-Papiere im Volumen von fast 16 Milliarden Franken ausgegeben hatte, wurden die Anleihenhalter auf Anordnung der Schweizer Finanzmarktaufsicht allerdings schlechtergestellt als Aktionäre. Während diese ihre Anteilsscheine mit großen Abschlägen in UBS-Aktien umtauschen können, gehen die Besitzer der AT1-Anleihen zur Verwunderung vieler Analysten nun komplett leer aus.

Sollte es dem Schweizer Finanzplatz nicht gelingen, rasch wieder das Vertrauen aufzubauen, dürfte es jedenfalls schwierig werden, die einst so starke Marktposition zu verteidigen. "Man wird sich vielleicht irgendwann überlegen, ob man die Schweizer Bank überhaupt noch braucht", sagt der ehemalige Credit-Suisse-Mitarbeiter. "Die Absetzbewegungen in Richtung Dubai und der anderen Emirate ist jetzt schon massiv."