Währungsfonds-Chefin warnt davor, die Fehler der 1930er zu wiederholen.
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Wien. Je tiefer die Krise, umso feierlicher das Pathos: 2009 gelobten die großen Wirtschaftsnationen, den Absturz gemeinsam überwinden und jene Fehler vermeiden zu wollen, die in den 1930ern zur Großen Depression geführt hatten: Alleingänge und Abschottung mittels Handelsschranken sowie eine Wirtschaftspolitik, die anderen schadete. Überdies wurden in den Dreißigern Zinsen angehoben und Sparkurse eingeschlagen, welche der Konjunktur den Rest geben.
Jetzt sollte alles anders laufen: Die Geldmenge wurde erhöht, Zinsen gesenkt, die Staatshaushalte ausgeweitet, Wirtschaftsprotektionismus verhindert.
Jetzt, nur etwas mehr als zwei Jahre später, ist von Gemeinsamkeit wenig zu erkennen, das Spardiktat lastet bleiern auf der Konjunktur. Die Aussichten für die Weltwirtschaft seien "ziemlich düster", warnt Währungsfonds-Chefin Christine Lagarde. Sie sieht sogar Anzeichen für Protektionismus und Isolation und befürchtet, dass die Staaten in die schädlichen Muster der 1930er verfallen. Eine übertriebene Warnung? Nein, sagt Wifo-Chef Karl Aiginger im Gespräch mit der "Wiener Zeitung": "Ich finde es gut, dass jemand ausspricht, dass die Schuldzuweisungen der letzten Wochen nichts bringen. Stattdessen sollte man versuchen, gemeinsam die Probleme zu lösen."
Tatsächlich prägen Alleingänge und nationale Egoismen das Bild:
Eurokrise: Großbritannien sprengt den EU-Konsens zur Lösung der Eurokrise, weil es seinen Finanzplatz London absichern will. Weil die anderen EU-Staaten nicht einlenken, scheren die Briten aus - und weigern sich nun, einen größeren Anteil an der Aufstockung der Euro-Hilfsgelder für den Währungsfonds zu leisten. Die Retourkutsche: Frankreichs Notenbanker Christian Noyer schwärzt die Briten bei den Ratingagenturen an.
Währungsfonds: Der IWF soll zur neuen Drehscheibe für die Euro-Hilfe werden. Die USA wollen aber nicht, dass der Fonds zu viele Kredite in Europa vergibt.
Handel: Die Welthandelsorganisation schafft keine Einigung über den Abbau von Handelsschranken. Auch dass Russland nach 18 Jahren Verhandlungen der WTO betritt, wird von Streit überschattet: Die USA meldeten offiziell Vorbehalte gegen Begünstigungen für Moskau an.