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Ein Jahr Österreich für 1095 Euro

Von Clemens Neuhold

Politik

Jahresticket für alle Öffis im ganzen Land.


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Für raschen und leistbaren öffentlichen Verkehr machen sich die Grünen stark.
© (Wiener Linien)

Wien. Die Grünen starten mit einer Offensive für leistbare öffentliche Verkehrsmittel in den Wahlkampf. Konkret fordert Grün-Chefin Eva Glawischnig gegenüber der "Wiener Zeitung" ein Jahresticket für ganz Österreich - um maximal 1095 Euro. Gültig soll es für alle Verkehrsmittel sein, egal ob Bodensee-Schifffahrt, Bundesbahn, Postbus im Burgenland, Dr. Richard in Niederösterreich oder Blaguss in der Steiermark. Das Konzept liegt der "Wiener Zeitung" exklusiv vor.

1095 Euro entsprechen dem dreifachen Preis des Wiener Jahresticket von 365 Euro. Das ist kein Zufall. Denn Glawischnig orientiert sich am "grünen Wiener Erfolgsmodell", wie sie es nennt. Sie will es für ganz Österreich. Das heißt, pro Bundesland sollte ein Jahresticket höchstens 365 Euro kosten. Als eine Zwischenstufe zwischen Landes- und Österreich-Ticket soll es für Pendler einen Tarif geben, der für zwei Bundesländer gilt - mit 730 Euro das Doppelte des Landestickets.

"Es ist höchste Zeit für eine moderne Verkehrspolitik des 21. Jahrhunderts", sagt Glawischnig. "Wir wollen allen Bürger eine flächendeckende leistbare Mobilität mit umweltfreundlichen Verkehrsmitteln ermöglichen. Das Grüne 365-Euro-Ticket-Modell entlastet viele Menschen und Familien, die unter hohen Preisen leiden." Als positive Nebeneffekte des Grünen Modells sieht sie "die Reduktion gesundheits- und klimaschädlicher Schadstoffe und die Schaffung von Grünen Arbeitsplätzen".

Mit drei Euro pro Tag durchs ganze Land

Auf den Tag umgelegt fordern die Grünen wie in Wien 1 Euro pro Tag, 2 Euro über die Landesgrenze und 3 Euro fürs Tagesticket in ganz Österreich. Dieser "zentrale Eckpfeiler der Grünen Verkehrswende" ist Teil des Grünen Wahlprogramms, das im August präsentiert wird.

Die neue Preisreform würde aus Sicht der Grünen "Hunderttausende Menschen dazu bewegen, regelmäßig die öffentlichen Verkehrsmittel zu verwenden". In Wien stieg die Zahl der Jahrestickets seit Einführung der 365 Euro um 180.000 Stück.

Ab 1.1.2014 wird das Jahresticket auch in Vorarlberg, Salzburg und Tirol umgesetzt. In Tirol und Salzburg sitzen die Grünen in der Regierung. Das Modell der Grünen orientiert sich am Schweizer Modell. Dort gibt es bereits seit Langem ein "Generalabo" für alle Öffis im ganzen Land inklusive Linienschiffe und Seilbahnen um 2900 Euro. 500.000 Abos wurden bisher verkauft.

Fleckerlteppich aus Preisen und Einflusssphären

In Österreich gilt das "Österreich-Ticket" der ÖBB von 1640 Euro für die Zweite Klasse weder für Postbus (der im ÖBB-Besitz ist), noch für kommunale Verkehrsbetriebe. Grund ist die Zersplitterung der heimischen Verkehrsmittel in neun Länder und acht Verkehrsverbünde mit einem entsprechenden Preisfleckerlteppich. Daran bissen sich bereits die ÖVP und die SPÖ die Zähne aus, die schon früher die Idee eines Österreichtickets wälzten. Noch größeres Problem: Die Finanzierung. Wer soll den Verkehrsbetrieben die Verluste abdecken? Von den ÖBB heißt es zur "Wiener Zeitung": Wir begrüßen jede Initiative zum Umstieg auf die Bahn. Für ein Österreich-Ticket nach Schweizer Vorbild müsse aber die Frage der Finanzierung als auch die Anerkennung in den Verkehrsverbünden geklärt werden.

Die Grünen setzen auf die "positive Dynamik", die durch die Landestickets in Salzburg, Tirol, Wien und Vorarlberg ausgelöst wird. "Wenn die Schweiz das schafft, die weitaus komplexer strukturiert ist, wieso soll das nicht in Österreich schaffbar sein?", sagt Glawischnig. Was die Finanzierung betrifft, vertrauen die Grünen auf die höhere Nachfrage. In Wien hätte der Boom bei den Jahrestickets bewirkt, dass die Wiener Linien trotz der günstigeren Preise 2012 die Einnahmen um fünf Prozent steigern konnten.

Rot-Grüner Kampf um junge Wähler

Die SPÖ setzt im Wahlkampf ebenfalls auf das Thema Verkehr. Sie fordert österreichweit freie Fahrt für alle Jugendlichen bis 24 Jahre, die sich in Ausbildung befinden. Die Grünen wollen ihr Konzept bewusst nicht auf Jugendliche beschränken. Für Jugendliche in Ausbildung bis zum Alter von 26 Jahren sieht ihr Konzept ein Österreich-Ticket von 60 Euro vor.

Familienminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) kritisiert die SPÖ Freifahrtpläne für Jugendliche als "Wahlzuckerl": Sie alleine würden "1,7 Mrd. Euro" kosten.