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Haushalt wird zu zwei Drittel über Steuererhöhungen saniert.
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Paris. Ein "Kampfbudget" nennt der französische Premierminister Jean-Marc Ayrault jenen Haushaltsplan, den er dem Kabinett am Freitag vorgestellt hat. Frankreich kämpfe für die Sanierung des Landes, für mehr Wachstum und gegen immer weitere Schulden, sagte Ayrault. Beim Budgetplan für das kommende Jahr handle es sich um eine Anstrengung von nie dagewesenem Ausmaß, "aber eine gerechte".
Was gut klingt, wird aber auf alle Fälle wehtun: 36,9 Milliarden Euro muss Frankreich im nächsten Jahr einsparen, um die Neuverschuldung gemäß dem EU-Defizitkriterium von derzeit 4,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) auf drei Prozent zu senken. Dieses Ziel werde verlässlich eingehalten, auch als Signal an die Finanzmärkte, sagte Wirtschaftsminister Pierre Moscovici am Freitag auch im Hinblick auf jene Ökonomen, die die drei Prozent für unerreichbar halten und die Maßnahmen der sozialistischen Regierung für ungenügend. "Wir werden die Schuldenkurve 2014 umkehren."
Verfehlt wird allerdings das Versprechen von Präsident François Hollande, bis 2017 einen ausgeglichenen Haushalt zu präsentieren. Nach derzeitigen Berechnungen wird es dann noch bei 0,3 Prozent des BIP liegen. Das Budget baue auf einer "realistischen Wachstumsprognose" von 0,8 Prozent für 2013 auf, erklärte Ayrault. Die aktuellen Zahlen weisen allerdings noch in eine andere Richtung. Seit drei Quartalen stagniert die französische Wirtschaft. Die Daten der Statistikbehörde Insee, die die wirtschaftliche Malaise in allen Facetten dokumentieren, begleiteten am Freitag den Haushaltsplan.
Doch nicht nur die schwache Konjunktur bereitet Frankreich derzeit Sorgen. In den letzten fünf Jahren stieg auch die Gesamtverschuldung von 64 auf mehr als 90 Prozent des BIP an: Mit 46,9 Milliarden Euro wird die Rückzahlung der Verbindlichkeiten daher auch 2013 der wichtigste Ausgabeposten sein. Noch zahlt Frankreich zwar historisch niedrige Zinsen für Staatsanleihen, da es im Vergleich mit Krisenstaaten wie Spanien oder Italien als sicherer Anlageplatz gilt. Doch Europas zweite Volkswirtschaft kämpft um das Vertrauen der Anleger, die seit der Eskalation der Schuldenkrise auch die Entwicklungen in Frankreich argwöhnisch beobachten.
10.000 neue Lehrer
Saniert soll das französische Budget zu zwei Drittel über Steuererhöhungen werden: Jeweils rund zehn Milliarden Euro entfallen auf die Unternehmen und die Haushalte. Doch so wie vor allem die großen Firmen betroffen seien und klein- und mittelständische Unternehmen sogar noch Unterstützungsmaßnahmen für Innovation und Investitionen erwarten könnten, würde auch die Mittelschicht verschont, versprach Ayrault: Die Regierung garantiere, dass nur die zehn wohlhabendsten Prozent belastet würden. Die Opposition beklagt dagegen schon eine Schwächung der breiten Masse und ihrer Kaufkraft, auch durch bereits beschlossene Maßnahmen wie die Abschaffung der abgabenfreien Überstunden, die Ex-Präsident Nicolas Sarkozy eingeführt hatte.
Zusätzlich zu höheren Abgaben auf Einnahmen aus Immobilien und Erbschaften ist im Budget für 2013 auch eine Anhebung des Spitzensteuersatzes auf 45 Prozent für Jahreseinkommen ab 150.000 Euro vorgesehen. Eher ein symbolischer Beitrag ist hingegen die Einführung einer Reichensteuer von 75 Prozent von Jahreseinkommen ab einer Million Euro. Für die rund 1500 betroffenen Personen bedeutet das zwar eine durchschnittliche Steuererhöhung von 140.000 Euro, alles zusammengerechnet lukriert der Staat aber nur knapp mehr als 200 Millionen Euro.
Bei den öffentlichen Ausgaben will die Regierung im kommenden Jahr insgesamt 10 Milliarden einsparen. Verschont bleiben nur die Bereiche, die Hollande als Prioritäten einstuft: die Jugend und die Ausbildung, Justiz und Polizei, Wohnungsbau und Arbeit. Der Fokus des Präsidenten spiegelt sich auch bei den Beamtendienststellen deutlich wider. In französischen Ministerien sollen rund 12.300 Stellen gestrichen werden, davon allein knapp 7.250 im Verteidigungsministerium. Dagegen sollen rund 10.000 neue Lehrer eingestellt werden, bei Justiz und Sicherheit soll es rund 1.000 neue Stellen geben.
Einen Umschwung am Jobmarkt zu schaffen dürfte allerdings zu einer der schwierigsten Aufgaben Hollandes werden. Erst am Mittwoch hat das Arbeitsministerium offiziell verkündet, dass Frankreich im August erstmals seit 13 Jahren die symbolische Marke von drei Millionen Arbeitslosen durchbrochen hat.