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Ein Kandidat ohne Unterstützung

Von Konstanze Walther

Politik

So etwas gab es noch nie - ein Kandidat, der die Stimmen erhält, aber von der Partei ungeliebt ist. Die Republikaner zerbrechen sich den Kopf, wie sie Trump aufhalten können.


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Washington D.C. Im klassischen Logo der republikanischen Partei, dem Elefanten, hängt der Rüssel des Dickhäuters nach unten. Für den diesjährigen Parteitag in Cleveland, Ohio, haben sich die Graphiker etwas anderes ausgedacht: Da tänzelt der rote Elefant entlang eines Gitarrenhalses - Symbol für die "Rock and Roll Hall of Fame", die sich in Cleveland befindet - und reckt stolz Rüssel und Schwanz in die Höhe.

Doch dieses Logo ist überholt. Denn nach dem Super Tuesday vom 1.März zeichnet sich ab, dass viele Republikaner weder stolz und schon gar nicht mit erhobenen Hauptes zur Republican National Convention, wie der Parteitag heißt, anreisen werden. Denn das, was auf dem Parteitag vom 18. bis 21. Juli geschehen wird, wird sicherlich einen Keil in die Partei treiben.

Die Wahlarithmetik ist einfach. Es gibt bei den Republikanern 2472 Delegierte, die allesamt aus den Bundesstaaten kommen und an die Ergebnisse der Vorwahlen zumeist gebunden sind (so genannte Superdelegierte gibt es bei den Republikanern, im Gegensatz zu den Demokraten, nicht). Derjenige Kandidat, der auf die einfache Mehrheit dieser Stimmen kommt (1237), erhält den Zuschlag und ist offiziell der Präsidentschaftskandidat der Partei.

Und derzeit sieht es so aus, als ob Donald Trump diese Trophäe für sich gewinnt, denn er hat in den Vorwahlen derzeit die meisten Delegiertenstimmen erhalten.

Nun ist Donald Trump aber ob seines Temperaments gefürchtet und hat sich zuletzt ob seines Flirts mit dem Ku-Klux-Klan noch mehr ins Abseits gestellt.

Aber was tun? Bis auf die erwähnte Wahlarithmetik ist nichts festgeschrieben. Und die Republikaner zerbrechen sich jetzt sowohl vor Mikrofonen als auch hinter verschlossenen Türen den Kopf, wie sie die Wahlarithmetik noch umgehen können. Einige träumen offen davon, dass sie einen Unabhängigen, einen dritten Kandidaten aus dem Hut zaubern könnten (aber welchen? und woher?) und ihn beim Parteitag als Alternative präsentieren, der zwar nicht das "offizielle Ticket" bekommt, aber dafür bei der Präsidentenwahl am 8. November ebenfalls antritt und die Stimmen der Wähler einsammelt. Der republikanische Sprecher des konservativ dominierten Senats, Mitch McConnell, hat inzwischen bereits angefangen, sich um die Zukunft und damit um die Mehrheit in den zwei Kammern des US-amerikanischen Parlaments zu sorgen. Das tut er darin, indem er seinen republikanischen Kollegen rät, sich von Trump zu distanzieren. Laut "New York Times" stellt McConnell seinen Parteimitgliedern einen Freibrief aus, offen gegen Trump zu agieren. Und es ist theoretisch noch nicht zu spät, dass ein neuer Kandidat einsteigt - der Milliardär Michael Bloomberg, Ex-Bürgermeister von New York, wollte es sich bis Mitte März überlegen, ob er antritt.

Kandidaten, die die Parteibasis spalten statt vereinen, haben schon in der Vergangenheit selbst eingefleischte Parteimitglieder in die Arme der anderen Partei getrieben. Historisch gesehen ist der Sieg eines Kandidaten bei der Präsidentschaftswahl umso wahrscheinlicher, je geeinter die Partei hinter ihm steht.

Das Logo des Parteitags der Demokraten in Philadelphia ist, so weit hat man schon Brücken gebaut, ein einziger Konsens: Statt des Tieres der Partei, einem Esel, prangt eine stilisierte Liberty Bell auf der Internetseite. Diese Freiheitsglocke, die man in Philadelphia besichtigen kann, wurde geläutet, als zum ersten Mal in den USA die Unabhängigkeitserklärung verlesen wurde, die Glocke trägt die Inschrift: "Verkünde Freiheit im ganzen Land für alle seine Bewohner". Ein Symbol, um Einheit zu schaffen.

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