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Ein Kasperltheater für Erwachsene

Von Helene Kurz

Wirtschaft

ACs haben das Elitäre verloren. | Kostspielige Fehlbesetzungen sollen vermieden werden. | Wien . Offen, freundlich und aktiv - so sollte sich ein Bewerber bei einem Assessment Center (AC) präsentieren, sagt Oliver Sonnleithner von der Internetplattform karriere.at. Ein idealer Bewerber zeigt Initiative und beteiligt sich aktiv an den Diskussionen und Übungen. In einem AC sollte soviel beobachtbares Verhalten zur Schau gestellt werden wie möglich, empfiehlt auch Sonja Pfeiffer, Beraterin beim Personal- und Finanzdienstleister MLP, gleich zu Beginn des fünfstündigen Bewerbungstrainings für Universitäts-Absolventen.


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Österreichische Unternehmen setzen ACs und Potenzialanalysen bei der Personalauswahl ein, weil sie dadurch die besten Kandidaten herausfiltern wollen. So sollen kostspielige Fehlbesetzungen vermieden werden. "Das Elitäre hat ein AC schon seit längerem verloren", sagt Sonnleithner. ACs werden heutzutage nicht nur in Großunternehmen, sondern auch in vielen Klein- und Mittelbetrieben durchgeführt. Hinzu kommt, dass sich der Einsatzbereich eines ACs erweitert hat. Mittlerweile werden auch interne Potenzial- und Bedarfsanalysen mittels AC durchgeführt. Neue Formen wie Online-ACs oder Online-Planspiele sind auf dem Vormarsch, beobachtet der Karriere-Berater.

Aussagekraft eines

ACs ist umstritten

Ob das AC allerdings halten kann, was sich viele Firmen davon versprechen, ist umstritten. Bleibt ein Unternehmen dem Schema F treu, so spricht sich das schnell herum und führt zu vorbereiteten und wenig aussagekräftigen Ergebnissen, meint der Karriere-Experte. Außerdem verstellen sich viele Bewerber und schauspielern. Für ein AC spricht jedoch, dass durch dieses Verfahren viele Fähigkeiten innerhalb einer sehr kurzen Zeitspanne beobachtet und getestet werden können. Zweifelhaft bleibt aber, ob diese Kriterien überhaupt für den späteren Berufserfolg relevant sind.

Das Prozedere eines ACs umfasst meist eine kurze Selbstpräsentation, Rollenspiele und Diskussionen sowie eine Fallstudienbearbeitung. Da die Anwendungs- und Gestaltungsvielfalt von ACs sehr groß ist, sind die einzelnen Übungen schwer vorhersehbar, meint Sonnleithner.

Dennoch kann man sich auf typische Aufgabenstellungen vorbereiten: Die MLP-Beraterin empfiehlt, sich eine aussagekräftige Selbstpräsentation zurechtzulegen, die man gegebenenfalls modifizieren könne. Außerdem sollte ein Bewerber auf seine Körperhaltung, Sprechgeschwindigkeit und Stimmlage achten. Bei der Präsentation darf auf die TTT-Regel (touch, turn, talk) nicht vergessen werden: Ein Redner sollte zuerst am Flip-Chart schreiben, sich danach umdrehen und erst dann zu reden beginnen. Hände in den Hosentaschen und mit dem Schlüsselbund klimpern? Sich selbst berühren und an den Haaren zwirbeln? Ganz schlecht, sagt die Expertin.

Bei Gruppendiskussionen ist wiederum eine gemeinsame Lösung das oberste Ziel. Emotionen haben hier nichts verloren, viel wichtiger sind sachliche Argumente. Die Beiträge der anderen Teilnehmer sollen aufgenommen und weiterentwickelt werden. Einige Unternehmen setzen einen Spitzel in die Runde, der die Entscheidungsfindung der Gruppe gezielt sabotiert. Ruhe bewahren, heißt hierbei die Devise.

Im "Heißen Stuhl" sollte man ganz cool bleiben

Eine Herausforderung ganz anderer Natur ist das Stressinterview, das auch "Heißer Stuhl" genannt wird. Der Kandidat muss eine Entscheidung treffen und sollte diese möglichst standhaft vertreten, obwohl sein Entschluss von den Beobachtern bombardiert und in Frage gestellt wird. Der Bewerber sollte seine Antworten kurz und knapp halten und sich nicht in endlosen Erklärungsversuchen verstricken, rät Pfeiffer.