Kilopreis liegt jenseits von 30 Euro. | Bequemlichkeit ist Verkaufsargument. | Hersteller von Kaffeemaschinen rüsten um. | Wien. Der Kaffeegeruch in der Mittagspause oder am Sonntagnachmittag ist in vielen Büros und Wohnungen nicht mehr so intensiv, wie er es früher einmal war. Der Grund dafür ist Kaffee, der nicht mehr aus Packerln, sondern aus Kapseln kommt. "Die Kapseln sind steril", bringt es Peter Schnedlitz, Handelsexperte der Wirtschaftsuniversität Wien (WU), auf den Punkt.
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Doch darin liegt laut Schnedlitz eben auch ihr Vorteil: "Man patzt nichts an." Für diese Bequemlichkeit sind die Konsumenten auch bereit, tief in die Tasche zu greifen: Ein Kilo Jacobs Monarch kostet im Handel knapp 12 Euro, der selbe Kaffee abgepackt in Kapseln ist mit einem Kilopreis ab 40 Euro zu haben. Ähnlich hohe Preise sind bei Melitta zu finden. Hier kommt ein Kilo Kapsel-Kaffee auf rund 32 Euro.
Ein Kilo Kaffee kann an die 66 Euro kosten
Der teuerste Kaffee ist bei Nestle zu finden. Hier kostet das günstigste Kilo Nespresso-Kaffee 66 Euro. Konkurrent Cremesso, der auch aus der Schweiz kommt, und seit 2009 in Österreich am Markt ist, begründet die hohen Preise mit der Qualität des Kaffees und der "ganzen Technologie dahinter". Trotz der hohen Preise ist der Kapsel-Kaffee in Österreich auf dem Vormarsch. "Rational ist das nicht", meint WU-Experte Schnedlitz dazu, der weiter ausführt: "Das ist ein Beispiel, wo die Menschen nicht auf den Preis schauen."
Insgesamt halten die Kaffeekapseln und -pads derzeit einen Anteil von sechs bis acht Prozent am heimischen Kaffeemarkt, so Vertreter des Kaffee- und Teeverbandes. Jährlich würde dieser Anteil "stark steigen", die Schätzungen liegen bei 30 Prozent. Vorreiter des neuen Kaffeetrends war Nespresso. "Nespresso hat es geschafft, den Markt zu öffnen", erklärt Schnedlitz. Er räumt aber ein, dass auch Tchibo, Eduscho und Hofer "erfolgreiche Innovationen" gesetzt hätten. Die Anbieter, die erst jetzt auf den Markt kommen, "kommen über den Preis", und nicht über die Qualität, denn, so Schnedlitz: "Viel besser als die Nespresso-Qualität geht es nicht."
In den Kaffeehäusern und in der Gastronomie werde sich der Kapselkaffee aber nicht durchsetzen, so die Einschätzung von Schnedlitz. Auch der Kaffee- und Teeverband sieht das so: Die Kapselmaschinen seien für die Gastronomie nicht geeignet, da sie zu wenig Kapazität hätten. Während der Kapsel-Kaffee an Stärke gewinnt, verliert der Filterkaffee Anteile.
Hersteller müssen sich Alternativen überlegen
Für die Kaffeeröster und Maschinenhersteller heißt das nun, dass sie sich Alternativen überlegen müssen. "Selbst Melitta setzt auf Kapseln und versucht mitzunaschen", so Schnedlitz. Auch der italienische Mokkakannen-Hersteller Bialetti, der mit seinen achteckigen Kaffeekanne namens Moka Express berühmt geworden ist, musste sich vor dem abgepackten Kaffee beugen und stellt seit einiger Zeit Kapselgeräte her. Die Produktion der klassischen Mokkakanne wurde auch ins Ausland verlagert, da sich "Made in Italy" nicht mehr rentierte. Seit dem vergangenen Frühjahr, als das Werk im piemontesischen Omegna die Pforten für immer schloss, kommen die Kaffeekannen aus der Türkei und Rumänien. Schuld an der Schließung waren aber nicht nur die Kapseln, sondern auch die Tatsache, dass viele Italiener der Bialetti-Kaffeekanne untreu wurden und billige Kopien gekauft haben.