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"Man weiß gar nicht, schaut man einen Spielfilm oder sieht man die Nachrichten." Dieser Satz einer Bekannten angesichts der Berichterstattung über den Anschlag in Paris, den haben wohl viele so empfunden. Insbesondere jene, die sich auf angeblich seriösen Nachrichtenseiten, wie die des Senders N-TV eine sein sollte, verleiten ließen, ein Video anzuklicken. Jenes Video, auf dem zu sehen ist, wie die Attentäter einen wehrlos am Boden liegenden Polizisten erschießen. Gnadenlos in den Kopf.
Solche Bilder kann man nicht ungesehen machen. Doch es wäre nicht nur Ethik gewesen, die all jene, die dieses Video geteilt haben, abhalten hätte müssen. Erst vor einigen Monaten, im Sommer 2014, war man sich eigentlich einig gewesen. Damals wurde der Reporter James Foley vom IS enthauptet - vor laufender Kamera. Damals, so dachte man, war klar, dass man den Terroristen nicht den Triumph geben sollte: mediale Präsenz mit einem Bild von sich, das sie selbst stilisiert hatten. Das Pariser Video stammt zwar nicht von den Attentätern selbst, kommt ihnen aber zupass. Auf Facebook sieht man keinen Grund, dieses Video zu entfernen, auch auf YouTube ist es, anders als das Foley-Video, nach wie vor zu finden.
Schon schreiben Kommentatoren, dass diese Bilder unser Verständnis von islamistischem Terror ab nun so prägen werden, wie es zuvor die Flugzeuge im Anflug auf das World Trade Center gemacht haben. Dass man einen Menschen sterben sieht, das geht bei dieser allzu kühlen Analyse verloren. Irgendwo dort, wo sich das Gefühl für Verantwortung bei den großen Bilderverteilern à la YouTube oder Facebook versteckt.