Die Kärntner Freiheitlichen haben zweifellos einen gewissen Nachholbedarf. All die Übungen in "innerparteilicher Demokratie", die Selbsterfahrungsgruppen frustrierter Funktionäre, in die sich das dritte Lager nach dem berüchtigten Delegiertentreffen von Knittelfeld 2002 aufgelöst hat, sind bisher an ihnen vorübergegangen. Knittelfeld hat die damalige FPÖ gut die Hälfte ihrer Wähler gekostet. Jetzt können die Kärntner endlich nachziehen - sie brauchen bloß die Chance des Parteitages zu nützen. Verständlich, dass da einiges an Schadenfreude lauert.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 14 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Dennoch spricht einiges dafür, dass sie die Chance vorübergehen lassen - es sei denn, Gerhard Dörfler und Uwe Scheuch lassen sich im letzten Moment auseinander dividieren. Die anderen Landesgruppen (mit Ausnahme der Vorarlberger) hatten den querulantischen Habitus der Dauer-Opposition auch als Regierungspartei nie ganz abgelegt. Doch die Kärntner sind ans Regieren gewöhnt und haben Geschmack daran gefunden. Den Verlockungen des Spruchs "Ist der Ruf einmal ruiniert, lebt sichs gänzlich ungeniert" werden sie sich entziehen, weil sie (trotz Hypo) immer noch viel zu verlieren haben. Für personelle Frontbegradigungen ist Zeit genug, wenn die einschlägigen Untersuchungen erst einmal in Gang gekommen sind. Doch diese Krise lässt sich überhaupt nur durchstehen, wenn man Einigkeit demonstriert. Diese Logik wird auch Scheuch-Skeptikern einleuchten.
Das BZÖ erreichte in den anderen Ländern beim ersten Antreten rund ein Viertel der freiheitlichen Stimmen. Um diese Marke dürfte sich auch der Anhang Josef Buchers im BZÖ-Kärnten bewegen. Das wird zu gewohnt atemberaubender Dramatik in den Spalten von "Österreich" reichen, zu mehr nicht. Doch selbst für den unwahrscheinlichen Fall, dass Scheuch verliert, hätte Bucher nichts gewonnen. Grundmandat winkt ihm in Kärnten keines mehr; wer hingegen im Rest Österreichs punkten will, tut augenblicklich gut daran, jede Identifikation mit dem Kärntner (Ex-)BZÖ zu scheuen. Da hilft auch der Nimbus Jörg Haiders (oder die Unterstützung durch seine enge oder weitere Familie) nicht mehr; im Gegenteil: Man muss kein Prophet sein, um vorauszusagen, dass Haider seiner Partei (welcher auch immer) in den kommenden Monaten, wenn es um den politischen Kollateralschaden des Hypo-Desasters geht, noch einen letzten, großen Dienst erweisen wird - als Sündenbock.
Wie bei Scheidungsprozessen üblich: Wenn man nur lange genug streitet, bleibt vom Vermögen nichts mehr übrig. Die Medien lieben Funktionärsgezänk, die Wähler nicht. Außerdem: Um das wahre Vermögen - die elf Prozent nämlich, die Haider 2008 eingefahren hat - gehts nicht am 16. Jänner, sondern erst bei den Wahlen 2013/14. Da spielen dann alle mit, auch die ÖVP und die Bundes-FPÖ. Es sei denn, Letztere steht auf dem Standpunkt ihres begnadeten Fettnäpfchentreters Martin Graf: "Für alle anderen BZÖ-ler (außerhalb Kärntens) gilt diese Einladung nicht."
Lothar Höbelt ist Historiker an der Uni Wien und Publizist.