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Mit dem weitaus älteren Chef des nationalen Sicherheitsrats hat der junge US-Präsident keine Probleme - von diesen gibt es in der Welt ohnehin mehr als genug.
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Eine der heiklen Fragen der Regierung von US-Präsident Barack Obama war, was aus dem US-Sicherheitsrat, dem National Security Council (NSC) unter der Führung von General James Jones werden würde. Diesem wurde die komplizierte Aufgabe übertragen, ein starbesetztes "Team der Rivalen" zu leiten und mit einem jungen Präsidenten zusammenzuarbeiten, der 1967, als Jones nach Vietnam ging, sechs Jahre alt war.
Im Großen und Ganzen verläuft bisher alles ziemlich reibungslos - auch, weil Jones absichtlich eine deutlich zurückhaltendere Rolle als mancher Vorgänger spielt. Sein kollegialer Stil hilft, wilde Auseinandersetzungen zu verhindern. Manche Beobachter fragen sich allerdings mittlerweile, wo Jones´ eigene strategische Zielsetzungen bleiben.
Nun, sein leitendes Weltbild scheint, wie bei Präsident Obama, das des Pragmatismus zu sein. Er möchte einen "NSC des 21. Jahrhunderts" aufbauen, der alle Faktoren nationaler Macht und alle Bedrohungen von US-Interessen umfasst - von Cyber-Sicherheit über Terrorismus bis Energiefragen. "Ich möchte sicherstellen, dass die richtigen Leute am Tisch sitzen und dort einbringen können, was sie wollen. Niemand soll verärgert weggehen. Niemand soll das Gefühl haben, nicht gehört worden zu sein", sagt Jones. "Es ist die Kollegialität, die es mir möglich macht, nicht immer in der vordersten Linie stehen zu müssen."
Außenpolitisch setzt sich Jones für die Palästinenserfrage ein, die er für die neue Regierung mit höchster Wichtigkeit versehen hat. Er will, dass die USA bei den Friedensverhandlungen eine führende Rolle spielen: "Die USA sind dann am besten, wenn sie direkt involviert sind." Und er erinnerte in diesem Zusammenhang an die diplomatischen Bemühungen der USA auf dem Balkan.
Mit dieser Haltung mag er die neue israelische Regierung von Premierminister Benjamin Netanyahu gegen sich aufbringen, wie auch mit der Aussicht auf diplomatisches Engagement der USA dem Iran gegenüber. Gegenwärtig ist die US-Regierung gegen jegliche israelische Militärangriffe auf iranische Atomeinrichtungen.
Als schwierigstes Problem für den NSC könnte sich aber Pakistan erweisen. Viele vergleichen die sich ständig verschlechternde Lage dort mit der Lage im Iran 1978. Die Lektion, die gemäß den Ratschlägen hoher Regierungsbeamter aus der Geschichte zu lernen ist, sei ein entschlossenes Vorgehen der pakistanischen Armee gegen die aufständischen Taliban - jetzt, bevor es zu spät ist.
Jones ist überzeugt, dass der NSC ausgebaut werden muss, um diese Probleme und die anderen, jetzt noch unbekannten bewältigen zu können. Und er arbeitet an einer neuen strategischen Planungseinheit, die sich mit dem beschäftigen soll, was die Zukunft bringt.
Bei der Lektüre von Büchern über frühere NSC-Chefs sei ihm klar geworden, so Jones, "dass die US-Präsidenten den NSC bekommen, den sie wollen". Der jetzige kollegiale Stil passe zu Obama. Theoretisch klingt das mit der kollegialen Zusammenarbeit natürlich immer gut. Die Frage ist nur, was bei krassen politischen Meinungsverschiedenheiten geschehen soll. Dann könnte der äußerst zurückhaltende General Jones doch noch seinen inneren Henry Kissinger herauslassen müssen.
Obamas Entscheidung, die Folterprotokolle zu veröffentlichen, unterstützt Jones jedenfalls: "Denn ich bin zu der Überzeugung gekommen, dass schlechte Nachrichten nicht besser werden, je älter sie sind."
Übersetzung: Redaktion