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"Ein Kompromiss könnte Angriff verhindern"

Von WZ-Korrespondent Andreas Hackl

Politik

Israelischer Experte Kam hält Krieg mit Iran für problemlos vermeidbar.


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Tel Aviv. Sahar Namazikhah war 19, als sie im Iran ihre Karriere als Journalistin begonnen hat. Zuerst hat sie für die Zeitung "Salam" geschrieben. Doch das Regime hat das Blatt wegen "Verwirrung öffentlicher Meinung" verboten. Auch alle anderen Zeitungen, bei denen sie Redakteurin war, wurden aufgelöst. "Ich bin Reformistin", sagt sie. Doch sie will eines im Namen anderer iranischer Reformisten klarstellen: "Wenn Israel den Iran angreift, wird sich sogar die Opposition hinter dem Regime versammeln, und das Land verteidigen."

Namazikhah arbeitet heute an einer Universität in den USA. Gerade weil sie ihr Leben lang für Demokratie im Iran gekämpft hat, will sie die Diskussion vom Krieg hin zum Verhandlungsweg lenken. Denn ein Krieg würde lange dauern, viele Menschenleben kosten, und die Wirtschaft zerstören. "Der Iran wird auf einen Angriff mit viel Zorn antworten. Das wird die ganze Region instabil machen."

Für die israelische Regierung überschattet die mögliche Bedrohung eines mit Nuklearwaffen ausgestatteten Iran solche Bedenken. Noch vor den US-Wahlen Anfang November könnte Israel angreifen. "Aus der Sicht Israels geht es um die Frage der Existenz. Die Bedrohung durch den Iran ist real", sagt Ephraim Kam, Vize-Direktor des Instituts für Nationale Sicherheitsstudien (INSS) in Israel. Der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad droht Israel immer wieder mit Vernichtung, während die mit dem Iran verbündete Hizbollah erklärte, Israel im Falle eines Angriffs auf den Iran in eine "Hölle" zu verwandeln.

Friedliche Alternativen

Sahar Namazikhah glaubt dennoch an eine friedliche Lösung der Krise. Nur sei dafür auch ein Kompromiss Israels nötig. Denn die iranische Bevölkerung akzeptiere nicht, dass Israels bekanntes Atomprogramm weiterlaufen darf, während es dem Iran mit Gewalt verboten wird. "Wenn ich ein Messer habe und du keines, wie kann ich dir dann weismachen, dass ich dich jetzt angreife, nur weil ich Angst habe, dass du in ein paar Jahren ein Messer haben wirst?", sagt Namazikhah. Die aktuelle Situation könne stattdessen ein Anreiz für regionalen Wandel sein. So soll die junge Generation in beiden Ländern eine gewaltlose Lösung einfordern. "Etwa eine atomfreie Zone im Nahen Osten."

Auch wenn das Fenster für eine diplomatische Lösung immer enger wird, an Initiativen mangelt es nicht. In der Online-Kampagne "Israel loves Iran" wird gegen einen Angriff Stimmung gemacht. Einmal pro Woche versammeln sich Israelis zu Protesten in Tel Aviv. Und der israelische Nuklearexperte Uzi Even hat diese Woche ein Tabu gebrochen. Israel solle den Atomreaktor Dimona schließen, um den Iran so zum Kompromiss zu bringen. "Wenn wir den Iranern einen kleinen Sieg geben, ist das gut für unsere Sicherheit", sagt Even. "Wenn Israel den Iran angreift, können sie alles auf uns schießen, was sie finden."

Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEO), die für die Überwachung des Atomwaffensperrvertrags zuständig ist, verdächtigt den Iran Kernenergie nicht nur für zivile, sondern auch für militärische Zwecke nutzen zu wollen. Deshalb soll die IAEO am Freitag in Wien neue Gespräche mit dem Iran führen. Durchbruch wird dabei keiner erwartet. Unter dem Druck der laufenden Wirtschaftssanktionen könnte der Iran dennoch zu einem Kompromiss gebracht werden, wenn eine Formel gefunden wird, die alle Beteiligten befriedigt. "Ein Kompromiss könnte einen Angriff verhindern", sagt Ephraim Kam. Denn auch der Druck der Sanktionen wird immer stärker. Obwohl der Iran im letzten Jahr 120 Milliarden US-Dollar durch Öleinnahmen verdient hat, steigen Armut und Lebensmittelpreise im Land rasant. So wächst auch die Unzufriedenheit mit dem Regime, doch auch die mit dem Westen.