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Ein König geht seinen Weg

Von Wolfgang Tucek

Politik

Trotz heftiger internationaler Kritik hat der nepalesische König Gyanendra nur einen Tag nach seiner Machtergreifung ein neues Kabinett unter seiner Leitung vereidigt. Weiterhin herrscht unbegrenzter Ausnahmezustand. Die maoistischen Rebellen haben zu einem dreitägigen Generalstreik aufgerufen.


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Es handelt sich um die drakonischsten Maßnahmen seit dem Ende der absoluten Monarchie 1990, berichtet die BBC aus Kathmandu. Zahlreiche Grundrechte wurden suspendiert. Es herrscht Versammlungsverbot, die Sicherheitsverwahrung wurde uneingeschränkt freigegeben. Militär und Polizei bestimmen das Straßenbild. Um die Universität und die Studentenheime wurden Spezialeinheiten zusammengezogen, um Kundgebungsversuche im Keim ersticken zu können. Gegen die Opposition läuft eine Verhaftungswelle. "Wir wissen nicht genau, wie viele sie von uns verhaftet haben", sagte Shovakar Parajuli, von der oppositionellen Nepalesischen Kongresspartei. Er gehe von rund 50 Festnahmen aus. Andere Oppositionelle tauchten unter. Der bisherige Premier Sher Bahadur Deuba und seine Kabinettsmitglieder stehen bereits seit ihrer Entlassung durch den König am Mittwoch unter Hausarrest.

Unbeirrt von massiver Kritik aus dem In- und Ausland vereidigte der König gestern ein zehnköpfiges Kabinett unter seinem Vorsitz, das weitgehend aus engen Verbündeten besteht. Diese neue Regierung werde "den Frieden und die Demokratie innerhalb von drei Jahren wieder herstellen", beharrte der Monarch.

Die maoistischen Rebellen verurteilten die Machtübernahme durch den König. Damit habe Gyanendra endgültig die Tür für jede Möglichkeit des Dialogs zugeschlagen, hieß es. Ihr Anführer Prachanda rief einen landesweiten dreitägigen Generalstreik aus.

Internationale Empörung

UN-Generalsekretär Kofi Annan forderte die "sofortige" Wiederherstellung der Demokratie in Nepal. Auch die engsten Verbündeten des Himalaya-Königreichs - die USA, Großbritannien und Indien - verurteilten die Maßnahmen des Königs. Der für Sonntag und Montag in Bangladesh geplante Gipfel der Südasiatischen Vereinigung für Regionale Kooperation (SAARC) wurde abgesagt. Ein Treffen mit Gyanendra hätte als Legitimierung seiner Machtübernahme gedeutet werden können, erklärte Indiens Premier Manmohan Singh laut dem indischen Nachrichtensender NDTV.