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Neue Volksvertretung will die Republik ausrufen. | Bedingung der Maoisten für Niederlegen der Waffen. | NeuDelhi. Keiner weiß, ob König Gyanendra schon auf gepackten Koffern sitzt. Seine Tage im Königspalast von Kathmandu sind jedenfalls gezählt. Der beim Volk unbeliebte Monarch hat bereits fast alle seine Privilegien verloren. Sogar seine Stromrechnung muss er angeblich schon selbst zahlen.
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Wie immer die Parlamentswahl am Donnerstag in Nepal ausgeht, Gyanendra steht als Verlierer schon fest. Ende Dezember 2007 hatte die Nationalversammlung die Abschaffung des Königtums im Himalaya-Staat beschlossen. Nach der Wahl soll Gyanendra auch den bereits verstaatlichten Königspalast verlassen. Und die Monarchisten scheinen nicht stark genug, das Ende noch aufzuhalten.
Auch aus einem anderen Grund ist die Wahl, zu der 17,6 Millionen Menschen aufgerufen sind, historisch: Sie soll einen Schlussstrich ziehen unter ein blutiges Kapitel in der Geschichte des Bergstaates: Den ein Jahrzehnt dauernden Bürgerkrieg zwischen der Regierung und den maoistischen Rebellen. Der Konflikt hat mehr als 13.000 Menschenleben gekostet. Die Rebellen von einst kandidieren jetzt als Volksvertreter. Es sind die ersten Wahlen seit neun Jahren im Himalaya-Staat.
Urnengang
mit Restrisiko
Wenn der demokratische Wandel gelingt, könnte Nepal so etwas wie eine asiatische Erfolgsstory schreiben. Im Gegensatz zu Sri Lanka, wo ein Ende des blutigen Bürgerkrieges nicht in Sicht ist, haben die Maoisten in Nepal nach Jahren im Untergrund ihre Waffen niedergelegt und stellen sich als eine ganz normale Partei zur Wahl. Doch viele haben Zweifel, dass die Ex-Kämpfer wirklich demokratisch geläutert sind. Besonders die Gegner von damals: "Es gibt immer noch einige Zweifel, was ihre Absichten betrifft", sagt Shekhar Koirala, ein Politiker der mit den Maoisten rivalisierenden Kongresspartei. "Sie glauben immer noch, die Regierung mit roher Gewalt zu bekommen. Das ist eine große Sorge."
Hingegen führt Maoisten-Chef Prachanda, dessen bürgerlicher Name Pushpa Kamal Dahal lautet, den Wahlkampf in Rebellenpose. "Ich bitte nicht um Eure Stimmen im traditionellen Sinne. Ich selbst stehe hier stellvertretend für Tausende Märtyrer", ruft er seinen Anhängern bei einer Wahlkampfveranstaltung in der Hauptstadt Kathmandu entgegen. Der Ex-Kommandant weiß, Politik und Krieg sind eben doch zweierlei. Seine Partei führt immer noch das Emblem von Hammer- und Sichel. Es sieht seltsam deplatziert aus im Wahlkampf. Für die Maoisten steht bei der Abstimmung einiges auf dem Spiel. Sie kontrollierten vor Beginn der Friedensverhandlungen 2006 weite Teile des Landes. Doch niemand erwartet, dass die Neulinge auch weite Teile der Wählerschaft erobern werden. Klare Favoriten sind die beiden alteingesessenen Parteien: die Kongresspartei und die linke UML.
Die UNO beklagt, dass die Maoisten im Wahlkampf mit unfeinen Mitteln operierten. Gerade der Jugend-Flügel soll politische Gegner und Wähler mit Gewalt bedroht haben. Doch wenige in Nepal erwarten, dass die Maoisten wieder in den Dschungel zurückkehren, wenn sie die Wahl verlieren. Ihr Chef hat immerhin erklärt, die Partei werde sich dem Ergebnis der Abstimmung fügen, auch wenn nicht alle die Rückkehr zu den Waffen ausschließen wollten.
Nepal hat ein äußerst kompliziertes Wahlsystem: Ergebnisse werden daher nicht vor Anfang Mai erwartet. Irgendwann danach wird die Nationalversammlung den Staat zur Republik erklären. Das bitterarme Land hat auch ohne König genug Probleme zu lösen.