Beim Wettlauf um die E-Mobilität liegt Europa bei der entscheidenden Batterietechnologie zurück. Eine EU-Allianz soll nun helfen.
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Brüssel. Vor einem Jahr hatte Matthias Müller das Thema Batterien noch vom Tisch gewischt. "So einen Blödsinn machen wir sicherlich nicht", antworte der VW-Chef damals einigen Journalisten, die wissen wollten, ob Europas größter Autobauer nicht in absehbarer Zeit auch eine eigene Zellfertigung aufziehen könnte, um für das Elektroauto-Zeitalter gerüstet zu sein.
Doch seit Müllers ziemlich apodiktisch klingender Ansage ist viel passiert. So drohen nicht nur in mehreren deutschen Städten Fahrverbote für Diesel-Pkw, nachdem klar geworden ist, dass die Grenzwerte bei den gesundheitsschädlichen Stickoxiden im Straßenbetrieb oft um ein Vielfaches überschritten werden. Auch im weltweit größten Markt für die Autobranche ist der Verbrennungsmotor unter Druck geraten, seit die chinesische Regierung eine Elektro-Auto-Quote ab dem Jahr 2019 beschlossen hatte. Ein Umdenken hat es zudem bei den Autobauern selbst gegeben. So ist zuletzt kaum ein Monat vergangen, ohne dass nicht einer der großen Hersteller mit einer Offensive für strombetriebene Autos nach vorne geprescht wäre.
Doch je mehr die Elektromobilität in den Fokus rückt, um so klarer scheint man sich selbst in Wolfsburg darüber zu sein, dass beim Thema Batteriefertigung noch nicht das letzte Wort gesprochen ist. Denn Batteriezellen gelten nicht nur als Schlüsseltechnologie für die strombetriebene Zukunft; gemeinsam mit dem Antriebsstrang machen sie auch fast 40 Prozent der Kosten eines E-Autos aus. Durch eine eigene Zellfertigung könnte ein Autobauer seinen Anteil an der Wertschöpfung um rund zehn Prozentpunkte auf 25 bis 30 Prozent steigern, sagt Wolfgang Bernhart von der Unternehmensberatung Roland Berger.
Derzeit wird der Markt allerdings vor allem von Unternehmen aus Japan, Südkorea und China wie Panasonic, Samsung und BYD dominiert. Massiv investiert hat zudem der US-Elektro-Autopionier Tesla. Das Unternehmen von Elon Musk stampft gerade zusammen mit Panasonic in Nevada für fünf Milliarden Dollar eine Fabrik aus dem Boden, die ab 2020 Batterien für Autos und stationäre Stromspeicher liefern soll.
"Echte Produktion in Europa"
Aufholen können die Europäer diesen Vorsprung laut Experten aber wohl nur dann, wenn sie ihre Kräfte bündeln. Forciert wirddie Idee einer europäischen Allianz auch von der EU-Kommission, die für den heutigen Mittwoch zu einem großen Batteriegipfel nach Brüssel geladen hat. Teilnehmen werden an dem Treffen zahlreiche Schwergewichte aus der Automobil-, Chemie- und Technologiebranche wie BASF, Renault, Volkswagen, Daimler oder der Münchener Siemens-Konzern. "Wir wollen eine echte Produktion in Europa schaffen, über die ganze Wertschöpfungskette inklusive Recycling", sagt Kommissions-Vizepräsident Maros Sefcovic, von dem die Initiative für den europäischen Meinungsaustausch stammt.
Ob es in absehbarer Zeit einen "Airbus für Batterien" gibt, wie es der belgische Autozulieferer Umicore fordert, ist allerdings ungewiss. Denn die Europäer scheuen nicht nur wegen der dafür notwendigen Milliardeninvestitionen und des damit verbundenen Risikos davor zurück. Bisher hat die Branche auch noch keine Antwort auf die Frage gefunden, ob sie überhaupt in die Produktion gängiger Lithium-Ionen-Akkus einsteigen soll oder nicht besser die nächste Generation von Batteriezellen abwartet, die ab Mitte des nächsten Jahrzehnts zur Verfügung stehen soll.
Marktposition in Gefahr
Ein allzu langes Zögern werden sich die Europäer aber womöglich nicht leisten können. Denn abseits der Wertschöpfungsfrage droht der Branche nach Ansicht vieler Experten noch eine weitere Gefahr. "Viele der Zellhersteller machen bereits komplette Antriebe, so dass die Autohersteller zukünftig in die Situation kommen könnten, nur noch ein Chassis um diese zu bauen", sagt Batterieforscher Martin Winter von der Universität Münster. Und damit würden die ohnehin schon durch die Autooffensive von Google und Apple in Bedrängnis geratenen Hersteller ihre Marktposition noch weiter untergraben.