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Ein Kuckucksei

Von Hans Pechar

Gastkommentare
Hans Pechar ist Professor für Hochschulforschung an der Alpen-Adria Universität, Standort Wien.

Die Finanzierungsverpflichtung für die Medizinfakultät Linz ist eine Belastung für die Hochschulentwicklung.


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Nach Jahren restriktiver Politik macht sich die Finanzministerin plötzlich für vermehrte Hochschulausgaben stark. Warum dennoch keine Jubelstimmung aufkommt? Weil niemand - außer der Oberösterreich-Lobby - die Medizinfakultät Linz, die damit finanziert wird, für sinnvoll hält. Alle Experten und Interessensorganisation haben sich dagegen ausgesprochen. Darunter der Wissenschaftsrat, immerhin das gesetzlich verankerte Beratungsgremium der Politik. Anfangs war auch der Wissenschaftsminister dagegen, aber die Parteidisziplin hat sich durchgesetzt.

Immerhin hat er seine Zustimmung in Ministerrat davon abhängig gemacht, dass die Hochschulkonferenz das Projekt nicht einstimmig ablehnen dürfte. Naheliegender wäre es gewesen, ein Mehrheitsvotum des Gremiums zu akzeptieren. Schließlich sind darin sehr unterschiedliche, zum Teil gegensätzliche Interessen vertreten, auch das Wissenschaftsministerium hat einen Sitz. Eine einstimmige Ablehnung war somit von vorneherein sehr unwahrscheinlich.

Mehrere Mitglieder der Hochschulkonferenz haben Bedingungen gestellt. Auch sie wollen mehr Geld. Maria Fekter hat aber - nach der Sitzung - rasch klargestellt, dass sie dies nicht einmal zu ignorieren gedenkt. Nachdem alle Hürden für einen positiven Entscheid im Ministerrat beseitigt wurden, müssen nicht länger Illusionen genährt werden.

Die Finanzierung der Medizinfakultät Linz wird möglich, weil das Finanzministerium Reserven locker macht. Für sinnvollere Ziele der vergangenen Jahre wurde diese geheime Schatztruhe nicht geöffnet. Es gab einen Kahlschlag bei der außeruniversitären Forschung und einen zögerlichen Ausbau der Fachhochschulen. Für die Studienplatzfinanzierung gab es kein zusätzliches Geld. Ein für das Hochschulsystem grundlegender Systemwechsel hat für die Finanzministerin geringeren Stellenwert als ein Prestigeprojekt ihres Parteifreundes aus der oberösterreichischen Heimat.

Zumindest geht es nicht zu Lasten der bestehenden Hochschulen. Frisches Geld! Soweit die kurzfristige Perspektive. Aber wie sieht es langfristig aus? Niemand weiß, wie sich die öffentlichen Hochschulausgaben entwickeln werden. Aber zwei Dinge sind sicher: Erstens werden sie auch in Zukunft nicht ausreichen; und zweitens werden sich die Rahmenbedingungen für die etablierten Bereiche verschlechtern. Oder glaubt irgendjemand, dass künftig zuerst das Budget ausgehandelt wird, und im Anschluss eine gute Fee noch einmal einen Betrag für die Linzer Medizin darauf legt? Nein, deren Finanzierung erfolgt dann im Rahmen des regulären Hochschulbudgets und verschärft die Verteilungskonflikte.

Es handelt sich um ein Lehrstück verfehlter Hochschulentwicklung, das vorführt, wie hierzulande Prioritäten gesetzt werden. Gegen den Wunsch eines Landeskaisers haben Expertenurteile keine Chance. Die Regierung ist dabei, den Hochschulen ein Kuckucksei zu legen, das der langfristigen Entwicklung des tertiären Bereichs schaden wird.