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Frankreichs neuer Premier: Farblos, zurückhaltend, kompromissbereit. | Paris. (ap) Wenn man die Ära Chirac bilanziere, "wird man sich an nichts erinnern, außer an meine Reformen". Das sagte François Fillon vor zwei Jahren, als der damalige französische Präsident Jacques Chirac seinen Bildungsminister im Zuge einer Regierungsumbildung gerade in die Wüste geschickt hatte.
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Die wenig bescheidene Einschätzung hat Fillon nicht geschadet. Der neue Präsident Nicolas Sarkozy hat den 53-Jährigen zu seinem Premierminister ernannt. Er zählt auf den kühlen Pragmatiker, um seine ehrgeizige Reformagenda ohne Massenproteste durchsetzen zu können.
Der 2. Juni 2005 war ein Schlüsselmoment in der Karriere des Juristen aus dem nordwestlichen Département Sarthe. Der langjährige Chiracianer, der vier Ministerposten bekleidete, stellte sich nach dem Verlust seines Regierungsamtes hinter Sarkozy. Der hatte damals den Machtkampf um die Präsidentschaftskandidatur der rechtsbürgerlichen UMP noch lange nicht für sich entschieden.
Die beiden bildeten fortan ein ungleiches Komplizengespann, große Teile von Sarkozys Wahlprogramm stammen aus der Feder Fillons. Und dieser versuchte in der hitzigen Kampagne mehrfach, den Heißsporn Sarkozy im Zaum zu halten.
Die Charaktere könnten unterschiedlicher kaum sein. Fillon gilt als farblos, zurückhaltend, kompromissbereit. Sarkozy als knallharter Machtmensch. Gerade deswegen braucht er Fillon: Als eine Art Sozialarbeiter kann dieser zum zentralen Vermittler werden. "Er wird zum Bindemittel, wenn Sarkozy verbrannte Erde hinterlassen würde", sagt ein Vertrauter.
Gerecht und effizient
Die heißesten Eisen, die Aushebelung der 35-Stunden-Woche und die Einführung eines Minimalservices bei Streiks im Nahverkehr, hat Fillon bereits geschmiedet. Sein Credo: wirtschaftliche Effizienz mit sozialer Gerechtigkeit versöhnen. Dass er dies umzusetzen versteht, bewies er als Sozialminister: Er brachte eine Rentenreform durch, die längere Einzahlungen sowie die Angleichung der Beiträge im Öffentlichen Dienst und in der Privatwirtschaft festlegte. In der Tat war dies einer der wenigen innenpolitischen Erfolge in den zwölf Jahren Chirac.
Fillon ist mit einer Walliserin verheiratet, mit der er fünf Kinder hat.