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Ein Kulturbeitrag wäre gerechter

Von Rudolf Höfer

Gastkommentare

Die Grünen kritisieren die Erhöhung der Absetzbarkeit des Kirchenbeitrags. Eigentlich ist es Zeit, sich vom NS-Gesetz zum Kirchenbeitrag zu verabschieden. Aber ist dies politisch durchsetzbar?


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Das von Adolf Hitler 1939 in Österreich eingeführte Kirchenbeitragsgesetz hat das Denken vieler geprägt. Hitler wollte keinen Grundkonsens in die Gesellschaft bringen, sondern die Kirchen und damit den größeren Teil der Gesellschaft schwächen, weil der Austritt nun einen finanziellen Vorteil brachte.

Ein Gesetz, das Teilen der Gesellschaft Vorteile verschafft, spaltet diese, wenn Personen, die aus Überzeugung finanzielle Vorteile nicht beanspruchen, erheblich mehr leisten als andere. Jeder soll die Freiheit haben, einer oder keiner Religionsgemeinschaft anzugehören oder auszutreten, aber ein finanzieller Bonus ist unsolidarisch. Es geht um mehrere hundert Millionen Euro jährlich.

Politik, Parteien und Medien sind gefordert, ein NS-Gesetz, das heute nur einem finanziellen Vorteil dient, zu überdenken und etwa durch Einführung eines verpflichtenden Kulturbeitrages für alle (Mitglieder von Religionsgemeinschaften müssten ihre Beiträge als Kulturbeitrag angerechnet erhalten) für gerechte Verteilung der Lasten zu sorgen. Denn Steuereinnahmen aus Kulturtourismus zu Kathedralen, Kirchen, Klöstern und Schlössern (beliebte touristische Werbeobjekte) kommen auch jenen zugute, die finanzielle Vorteile aus der Nichtmitgliedschaft genießen und dazu noch bei Restaurierungen von Kirchen und Klöstern und dem dabei geleisteten Steueraufkommen Gewinn ziehen.

Österreichs Kirchen sind schon jetzt nicht mehr in der Lage, ihre Gebäude zu erhalten. Mitglieder der Religionsgemeinschaften leisten viel für die Gesellschaft bei der Erhaltung von Kulturgütern. Sind Gebiete mit hoher Dichte an Kirchengebäuden nicht Bestandteil einer Kulturlandschaft und so Teil der kulturellen Identität? Was ist die Folge, wenn der Sparstift bei Gebäuden angesetzt wird?

Der Staat schreibt via Bundesdenkmalamt bei Schlössern, Kirchen, Klöstern detailliert vor, wie Kulturgüter zu restaurieren sind, als ob die Gebäude verstaatlicht wären. Er leistet aber für viele Restaurierungen keine finanziellen Beiträge. Es wäre redlicher, die geleistete Mehrwertsteuer aus Restaurierungen zurückzuerstatten oder einen gewissen Prozentsatz oder gar die gesamten Kosten der Renovierung von Kirchengebäuden (wie etwa in Frankreich oder Italien) zu übernehmen, wenn er Kulturgüter schützen will.

Ein Kulturbeitrag kann für die leistungsfähige Bevölkerung keine Strafe, sondern nur solidarisches Handeln für die Kultur sein. Für die meisten Österreicher wäre ein Kulturbeitrag anstelle eines Kirchenbeitrags keine "neue Steuer" - nur für jene, die schon einen finanziellen Bonus lukrieren. Religionsferne müssten ihren Beitrag einer anderen Institution als einer Religionsgemeinschaft widmen dürfen. Vertreter der Kirchen und des Staats sollten darüber entscheiden.

Gibt es politische und kirchliche Kräfte, die für den Erhalt der Kulturgüter eintreten und sich in diesem Punkt von Hitlers Denken nach mehr als sieben Jahrzehnten verabschieden oder doch lieber an einem NS-Gesetz festhalten?

Rudolf Höfer ist Hochschullehrer für katholische Theologie im

Fachbereich Kirchengeschichte

an der Universität Graz.