Mit viel Selbstironie kämpft der Komiker gegen Islamophobie.
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Wien. "Wenn ich ein verrückter, islamisch-fundamentalistischer Terrorist wäre, der vorhat, ein Flugzeug zu entführen, würde ich mein Erscheinungsbild anders wählen", sagt Azhar Usman. Der Amerikaner ist groß, kräftig gebaut, hat schwarzes Haar, dunkle Haut und einen langen, schwarzen Bart. In der Stereotypen-Fibel hat ein islamischer Terrorist genauso auszusehen und nicht anders. Doch Usman ist kein Terrorist. Er ist ein erfolgreicher Stand-up-Comedian, den CNN jüngst zum "witzigsten Muslim Amerikas" kürte.
Am 31. Mai wird Usman seinen ersten Auftritt in Österreich absolvieren. Im Rahmen der "Into the city"-Veranstaltungen der Wiener Festwochen wird Usman mit Kabarettist Dirk Stermann über das Leben der Muslime in den USA und die Effektivität von Comedy als Mittel für ein friedliches Zusammenleben sprechen. Im Anschluss wird er sein neues Programm "Almost sold out" präsentieren.
"Im vergangenen Jahr habe ich meine One-man-Show ,Citizen of the World‘ umgeschrieben und verfeinert. Daraus ist ,Almost sold out‘ entstanden und diese neue Show werde ich in Wien vorführen", sagte Usman zur "Wiener Zeitung". "Die neue Show ist eine persönliche Erforschung philosophischer Themen und Ideen, die mich schon mein ganzes Leben lang beschäftigt haben", erläuterte Usman weiter und erklärte die Verbindung seiner neuen Show mit dem Islam folgendermaßen: "Meine Wahrnehmung der Realität ist im Grunde theozentrisch."
Gegen Islamophobie: Allah hat mich witzig gemacht
Seine Karriere als Comedian startete Usman unspektakulär im Jahr 2000. Er nahm aus Spaß an mehreren sogenannten Open-Mics teil. Das sind Veranstaltungen, die dem Zuschauer erlauben, selbst das Mikrofon zu ergreifen und ein paar Minuten das Publikum zu unterhalten. Was als Hobby begann, wurde rasch zu einer Leidenschaft und fast schon zu einer Sucht für Usman. Als großes Vorbild nennt er seine Mutter. "Sie ist eine extrem lustige Frau und sie hat mich in einer Atmosphäre voll mit Witz und Gelächter großgezogen", sagte Usman.
Dann kam der 11. September 2001. Jeder Muslim stand unter Generalverdacht. Und einer von der Statur eines Azhar Usmans erst recht. Anstatt sich zu verkriechen, legte der robuste Komiker erst richtig los. 2004 beschloss er, seinen Job als Jurist an den Nagel zu hängen und sich gänzlich als Stand-up-Comedian durchzuschlagen. Zu dieser Zeit entdeckte ihn der Comedian Bryant Reginald Moss alias Preacher Moss. Mit ihm nahm er an der Comedy-Tour "Allah Made Me Funny" teil. Mit der Show wollten die muslimischen Comedians einerseits mit Stereotypen aufräumen, andererseits die eigenen Glaubensbrüder und -schwestern mit ihren Eigenheiten parodieren.
So begrüßte Usman beispielsweise sein Publikum mit der islamischen Grußformel "Salam Aleikum" und übersetzte sie im Anschluss mit: "Wir werden euch alle umbringen." Natürlich stellte er binnen Sekunden die genaue Übersetzung klar. Danach imitierte er unterschiedliche muslimische Communitys in Amerika, wie sie die Begrüßung auch aussprechen.
"Damit wollten wir Zuschauer und Komiker, deren Pfade sich normalerweise nicht kreuzen, in einem Raum zusammenführen", erklärte Usman die Intention der Comedy-Tour. Damit sich die muslimischen Besucher wohlfühlen konnten, wurde in den Lokalen, in denen die rund 200 Auftritte stattfanden, das Einschenken von Alkohol, das Servieren von Schweinefleisch und sogar das Rauchen untersagt.
Irgendwann wurde es für Usman Zeit für etwas Neues. Preacher Moss startete mit ihm eine neue Tour namens "The Muslims are coming!" Das Ziel: Islamophobie mit Comedy zu bekämpfen. "Die Unterstützung seitens der islamischen Gemeinschaft war überwältigend", erinnerte sich Usman. Komiker wie Usman haben auch eine weitere Mission: das Vorurteil über verklemmte humorresistente Muslime zu brechen. Es herrscht bei manchen Nicht-Muslimen, jedoch auch bei Muslimen, die Meinung vor, dass im Islam jegliche Kunstformen verboten wären, darunter auch Comedy. "Wenn man sich mit der Religion auseinandersetzt und mit Islamgelehrten spricht, wird man erkennen, dass der Islam vieles erlaubt, Befreiungen liefert und Freiraum für Kreativität, Humor und Kunst inkludiert. Der Islam ist kein schmaler und enger Pfad, sondern ein breiter Weg", sagte Usman. Die Zeit unmittelbar nach den Anschlägen auf das World Trade Center war schwierig für viele Muslime in Amerika. Trotz des guten Images muslimischer Berühmtheiten - wie der Boxer Muhammad Ali, der Basketballspieler Shaquille O’Neal, der Musiker Mos Def oder der Komiker Dave Chappelle - war das Image des Islam stark angeschlagen. Künstler wie Usman versuchen seither dieses Image wieder zurechtzurücken und treten bewusst gegen Islamophobie auf.
Ein heißer Tipp ist Usman in jedem Fall. Auch, wenn man jenseits der Islam-Diskussion einfach nur seine Lachmuskeln am Freitag strapazieren möchte.