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Ein Land sorgt sich um seinen Ruf

Von Martyna Czarnowska

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Mit Hilfe einer österreichischen PR-Agentur will Bulgarien sein Image in Europa verbessern.


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Ausgerechnet Albanien soll es sein. Fragen alle den Wahlkampfprofi im Weißen Haus: "Wieso Albanien? Haben die uns denn jemals etwas getan?" Das ist vollkommen egal, befindet der Marketingstratege. Denn in den USA weiß niemand etwas über Albanien. Und deswegen eignet es sich hervorragend, um einen fiktiven Krieg mit dem Land anzuzetteln, was die Öffentlichkeit von einem Sex-Skandal rund um den Präsidenten der Vereinigten Staaten ablenken soll.

Mit "Wag the Dog" lieferte der US-Regisseur Barry Levinson vor zehn Jahren eine politische und Medien-Satire ab. Doch daran, dass Regierungen PR- und Marketing-Profis nicht nur in Wahlkämpfen sondern auch in Krisenzeiten engagieren, ist nicht übertrieben.

So taten es die USA, um ein vorteilhafteres Selbstbild in der Welt zu vermitteln. Die Schweiz betrieb wiederum Image-Pflege in den USA, als es um die Rückführung jüdischen Besitzes, Konten aus dem Zweiten Weltkrieg und Sammelklagen gegen Schweizer Banken ging. Und Montenegro versucht mittels einer internationalen Kampagne aus einem - auch in Europa - großteils unbekannten Land eine idyllische Tourismus-Destination zu kreieren.

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Nun möchte ebenso Bulgarien sein Image in Europa verbessern. Denn viele Meldungen über das neue EU-Mitglied handeln von Korruption, organisiertem Verbrechen oder der sozialen Benachteiligung der Roma und Sinti. Zu einem positiveren Bild trägt auch der jüngste Fortschrittsbericht der EU-Kommission nicht bei, die Bulgarien mangelnde Betrugsbekämpfung vorwirft und mit dem Einfrieren von Förderungen droht.

Schon im Vorjahr schrieb die Regierung in Sofia also den Auftrag für eine Imagekampagne aus. Den Zuschlag erhielt im Dezember die Wiener PR-Agentur Hochegger. Sie will nun vor allem "klassische Medienarbeit" betreiben, erklärt Geschäftsführer Harald Schiffl. Der Zweck sei nicht, Botschaften zu erschaffen. Das müsse die Regierung selbst tun. Aufgabe der Kommunikationsberater sei es, die Botschaften in andere europäische Länder hinein zu transportieren. Eine knappe Million Euro soll sich Sofia den Auftrag kosten lassen.

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Auf ein wenig Hilfe aus den USA kann die bulgarische Regierung ebenfalls verweisen. Auf Einladung von Ministerpräsident Sergej Stanischew führte das American Center for Democracy im Mai eine Untersuchung in Bulgarien durch. Eines der Ergebnisse: Lob für die Regierung.

Stanischew und sein Kabinett würden vieles unternehmen, um die Korruption und Misswirtschaft - etwa bei Förderungen - zu bekämpfen sowie Transparenz zu gewährleisten, heißt es im Bericht der in New York ansässigen Organisation. Das Center kommt zu dem Schluss, dass eine "Bestrafung Bulgariens" (etwa durch das Einfrieren von EU-Finanzhilfen) die "bereits erreichten Erfolge untergraben würde". Es könnte die politische und ökonomische Entwicklung destabilisieren, "zu einem Zeitpunkt, wo die Regierung Stanischew sich müht, die administrativen Reformen zu beschleunigen".

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Vielleicht könnte Bulgarien bei seiner Imagekampagne Anleihen bei Polen nehmen, das versuchte, ein negatives in ein positives Bild umzuwandeln. Vor drei Jahren noch personifizierte der polnische Installateur in Frankreich die Angst vor Billigarbeitskräften aus Osteuropa, die Franzosen die Jobs wegnehmen würden.

Daraufhin verwendete die polnische Organisation für Tourismus das Bild zu Werbezwecken. Auf einem Plakat ließ sie einen attraktiven blonden Jüngling in Arbeitsmontur posieren und ließ ihn locken: "Ich bleibe in Polen - kommt zahlreich." Ob den Franzosen dadurch die Angst vor Jobverlust genommen wurde, ist ungeklärt. Die Werbeaktion erhielt jedenfalls großen Zuspruch.