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Ein lautes Ja und ein leises Aber zur Reform

Von Clemens Neuhold und Simon Rosner

Politik

ÖVP geschlossen trotz Bedenken Leitls - drei Gegenstimmen in SPÖ. Landeshauptmann Pühringer: Paket wird nicht aufgeschnürt.


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Wien. "Das Ergebnis kann sich sehen lassen", sagt Kanzler Werner Faymann bei der Präsentation der Steuerreform am Freitagabend. Und "das ist kein PR-Gag", legt Vize Reinhold Mitterlehner nach. Nun geht es um Psychologie. Die Bürger sollen Geld, das ihnen durch die Steuerreform im Börsel bleibt, in die Wirtschaft pumpen. Deshalb liegt es jetzt an den Chefverkäufern der Steuerreform, Faymann und Mitterlehner, positives Konsumklima zu schaffen. "Ich bin überzeugt, das Paket ist ausgewogen und fair, es bleibt mehr Netto vom Brutto und Sie bezahlen es sich nicht selbst", so der Kanzler.

Streit vergiftet das (Konsum-)
Klima. Deswegen mussten die beiden zunächst Einigkeit in den eigenen Reihen herstellen. Und das gelang. Wobei Mitterlehner kurz kämpfen musste. "Die Regierungspläne sind im Wesentlichen sehr positiv aufgenommen worden." Was hier durchklingt: die Bedenken des Wirtschaftsbundes wegen der Registrierkasse, dem Bankgeheimnis und der höheren Dividenden-Steuer. Mitterlehner spielte die Vermögenssteuer-Karte aus und beteuerte, dass die Summe "den Bürgern auch wirklich im Konsum in ihrer Geldtasche zugute kommt". Die SPÖ forderte bekanntlich eine Steuer auf Vermögen sowie eine Erbschaftssteuer. "Wir konnten einen Anschlag auf die Betriebe abwehren", sagte Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer.

Da musste dann auch Wirtschaftsbund-Chef Christoph Leitl schließlich zugeben: "Ich bin erleichtert, dass die unsägliche Diskussion über die Erbschaftssteuer beendet ist." Bei Registrierkasse und Bankgeheimnis hofft er aber noch auf Änderungen. Dann müsse aber auch bei Vermögenssteuern nachverhandelt werden, ließ SPÖ-Geschäftsführer Norbert Darabos postwendend ausrichten. Kein Wunder also, dass Leitls Parteikollege und einer der Chefverhandler der Reform, Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer, im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" erklärt: "Ich glaube nicht, dass das Paket aufgeschnürt wird. Viele haben im Parteivorstand einzelne Punkte angesprochen. Aber das ist ein Kompromiss. Ich hätte mir auch gewünscht, dass Familien stärker entlastet werden."

"Einsparungen sindzu stemmen"

Pühringer muss in seinem Bundesland nun 40 Millionen Euro einsparen, die er über den Finanzausgleich weniger an Steuern bekommt. Das soll über Kürzungen in der Verwaltung und bei Landesförderungen passieren. Bei Beamten werde es aber weder "Entlassungen" noch "Nulllohnrunden" geben, sagt er. "Das ist zu stemmen."

Auch im SPÖ-Bundesvorstand gab es Diskussion, die sich wie bei der ÖVP um die Vermögenssteuer und Erbschaftssteuer drehten - und zwar um deren Nichtexistenz im Reformpapier. Dagegen protestierten zwei Vertreterinnen der Sozialistischen Jugend (SJ) und eine von den roten Studenten (VSStÖ), indem sie das gesamte Paket ablehnten. "Es ist zu wenig für die Umverteilung gemacht worden", sagte SJ-Vorsitzende von Oberösterreich, Fiona Kaiser. Bei insgesamt 70 Mitgliedern im Bundesvorstand wogen die Gegenstimmen aber nicht schwer. Gewichtiger ist da schon die rote Gewerkschaft und die stimmte geschlossen für die Reform. Das überrascht insofern, als dass Vermögenssteuern über zwei Milliarden Euro eine Kernforderung des Gewerkschaftsbundes waren und davon nur 350 Millionen Euro übrig bleiben. Aber der Chef der roten Gewerkschafter, Wolfgang Katzian, konzentrierte sich ganz auf die Entlastung: "Als Gewerkschafter ist man sehr froh darüber, dass es eine sehr große Entlastung für die Arbeitnehmer geben wird."

Die Entlastung sehen auch Leitl und die Industrie positiv. Christoph Neumayer, Generalsekretär der Industriellenvereinigung, meint aber: "Grundsätzlich wurde zu wenig für das Wachstum und für die Beschäftigung getan. Am meisten schmerzt, dass es nicht zu einer Senkung der Lohnnebenkosten gekommen ist." Die KESt-Erhöhung für Dividenden treffe auch Unternehmen; und der neue Spitzensteuersatz von 55 Prozent werde "auch international gesehen". "Bei internationalen Unternehmen kommt das nicht gut an", so Neumayer.

Kaum ein gutes Haar ließ die Opposition an der Reform. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache sprach von einem "kümmerlichen Paketchen", dessen Wirkung in spätestens zwei Jahren verpufft sei. Neos-Chef Matthias Strolz verstand nicht, dass Unternehmen bei der Entlastung "völlig außen vor" gelassen wurden. Seitens der Grünen befand Bundessprecherin Eva Glawischnig, dass ein Teil der Tarifanpassung auf Sand gebaut sei. Die veranschlagten knapp zwei Milliarden Euro bei der Betrugsbekämpfung seien "vollkommen überhöht". Glawischnig schließt aber eine Zustimmung zur Dividenden-KESt und zur Aufhebung des Bankgeheimnisses nicht aus - für beides braucht die Regierung die Grünen im Parlament als Mehrheitsbeschaffer.