Madeleine Afite ist Menschenrechtsaktivistin und Christin. Sie unternimmt alles in ihrer Macht Stehende, um die Lebensbedingungen in ihrem Land zu verbessern. Durch unermüdliches Aufzeigen von Missständen versucht sie, die kamerunischen Behörden zur Einhaltung der auf internationaler Ebene ratifizierten Menschenrechtsübereinkommen zu bewegen.
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Wenn es in Kamerun um Menschenrechte geht, führt kein Weg an Madeleine Afite vorbei. Die praktizierende Katholikin, die bis 1992 bei Amnesty International tätig war, leitet die kamerunische ACAT, eine christliche Vereinigung, die sich für die Abschaffung der Folter einsetzt. Die Afrika-Delegierte bei der Weltorganisation gegen Folter (OMCT) ist auch Mitglied der FIACAT, der internationalen Föderation der ACAT-Organisationen, die Beraterstatus bei der UNO und beim Europarat, sowie Beobachterstatus bei der Afrikanischen Menschen- und Völkerrechtskommission hat.
Ihre Tätigkeiten
Und Afite hat schon einiges errreicht. Gab es in den Jahren 1996 und 1997 immer wieder kaltblütige Hinrichtungen auf den kamerunischen Polizeikommissariaten, so kommt das durch den unermüdlichen Einsatz der ACAT heute nicht mehr vor. Weiters kann sich heute durch das von der EU finanzierte Projekt "PACTET" auch der ärmste Kameruner einen Anwalt leisten, was ihn vor jahrelanger Haft ohne Verfahren bewahrt. "Jeder hat Aspruch auf ein gerechtes Verfahren. Auch Kriminelle müssen strikt nach dem Gesetz verurteilt werden", betont Afite.
Durch Sensibilisierung und Aufklärung bekämpft sie, die - oft auch psychische - Folter, den Mangel an Wiedereingliederungsmöglichkeiten für jugendliche Rechtsbrecher, Kindesmisshandlungen und das landesweite Übel Korruption.
Zu tun gibt es genug: Fragwürdig sind etwa die Methoden des "Commandement opérationnel", einer Sondereinheit der Sicherheitskräfte, das in einem Kommissariat neun Kinder einfach "verschwinden" ließ. Auch auf die Haftbedingungen in den Gefängnissen macht Afite aufmerksam und setzt sich für eine Reform der Strafprozessordnung ein. "Es gibt bisher keinen Rechtsbeistand bei Voruntersuchungen. Man kann so in eine Sache verwickelt werden, mit der man nichts zu tun hat", erklärt sie.
Der Kampf gegen Menschenrechtsverletzungen ist ein Unterfangen, für das Unmengen an menschlichen, materiellen und finanziellen Ressourcen aufgebracht werden müssen. Aus diesem Grund wurde auf nationaler Ebene das "Cameroon Human Rights House" gegründet, dessen Koordination ebenfalls Afite obliegt. Die Einrichtung ist aus der Fusion von sieben NGOs hervorgegangen. Auf internationaler Ebene arbeitet ACAT mit der Internationalen Liga für Menschenrechte, der OMCT, Front Line, Amnesty International Frankreich, der FIACAT, "Agir ensemble" und dem katholischen Entwicklungskomitee gegen Hunger zusammen.
Eine echte Weltenbummlerin
Aufgrund ihres Bekanntheitsgrades und ihrer Erfahrung im Bereich des Menschenrechtsschutzes ist Afite viel unterwegs, denn ihre Dienste sind auch im Ausland gefragt. Mit großer Begeisterung reist sie durch die Welt und nutzt jede Gelegenheit, Menschen mit verschiedenen Hintergründen kennen zu lernen und neue Freundschaften zu knüpfen. Ihre Reisen haben ihr gezeigt, dass Menschenrechtsverletzungen in allen Ländern der Welt existieren und nur ihr Ausmaß von Land zu Land differiert. Während man sich in Westafrika aktiv für die Menschenrechte einsetzt, tut sich in Kamerun recht wenig. All diese Auslandsreisen hätte Madeleine Afite mit großer Wahrscheinlichkeit nicht unternommen, wenn sie ihrer ursprünglichen Ausbildung - sie war Buchhalterin - treu geblieben wäre. Sie ging in Douala und Yaoundé zur Schule. Nach einer Buchhalterlehre arbeitete sie mehrere Monate in einer Kanzlei, bis sie durch eine Freundin auf Amnesty International stieß.
Ein hoher Preis
Afites Engagement wird nicht immer gutgeheißen. Sie wird regelmäßig von Unbekannten verfolgt, das Tor zu ihrem Büro ist stets verriegelt. Sie ist bereits mehreren Entführungen entgangen. Manche sehen in ihr eine Verräterin, die "ihr Land an die Ausländer verkauft", nur weil sie mit Organisationen zusammenarbeitet, die Menschenrechtsverletzungen in Kamerun aufzeigen. Wegen der zahlreichen Belästigungen und um Erpressungen vorzubeugen, leben ihre Tochter und ihre zwei Söhne in Frankreich, wo sie auch zur Schule gehen. Doch Afites Engagement wird immer noch sabotiert. So wird etwa versucht, ihre eigenen Familienmitglieder gegen sie aufzuhetzen.
Dennoch kämpft sie weiterhin für die Achtung der Menschenrechte in ihrem Land und ist davon überzeugt, dass Kamerun durch Druck von außen die auf internationaler Ebene ratifizierten Menschenrechtstexte umsetzen wird.
Priscille Moadougou ist Korrespondentin von Radio Afrika für Zentralafrika in Douala, Kamerun.
Übersetzung: Miriam Hamidi