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Ein leises Servus zum Öl

Von Konstanze Walther

Wirtschaft

Schweden will weg von fossiler Energie. | Steuern und Prämien fördern den Erfindungsreichtum. | Stockholm. Fossile Energie, heißt es im schwedischen Papier zur "Unabhängigkeit von Erdöl", ist nicht nur als Kriegstreiber ein Unsicherheitsfaktor. Erdöl trage zum Klimawandel bei, werde immer teurer, destabilisiere so die Wirtschaft, und die Ressourcen würden immer rarer.


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Alles Gründe, weshalb sich Schweden dazu entschlossen hat, bis zum Jahr 2020 unabhängig von Öl zu werden (siehe Kasten)

Biomasse im Fokus

Die schwedische Stromerzeugung ist bereits frei von fossilen Brennstoffen; sie besteht je zur Hälfte aus Wasserkraft und Atomenergie (zusammen machen diese Energiespender 22 Prozent des schwedischen Gesamtverbrauchs aus). Aufgrund des Regierungsprogramms fokussiert sich Schweden allerdings nun stärker auf die Biomasse. Schon jetzt macht die Bioenergie 18 Prozent desschwedischen Energieaufkommens aus (zum Vergleich: in Österreich sind es rund 11,5 Prozent). Experten glauben, dass dieser Betrag sich in den nächsten Jahren verdoppeln wird.

Unterstützung findet die Biomasse-Lobby in der Regierung. Mit Steuern und Forschungsgeldern wird versucht, die schwedische Gesellschaft für den Wandel der Zeit bereit zu machen.

Es gibt Prämienzahlungen für die Anpflanzung von energieträchtigen Gewächsen wie etwa Pappeln und Weiden (schnell nachwachsend, daher gut für die Produktion von Holzpellets), und es wird konzentriert weiter geforscht.

Forschung treibt Blüten

In der Universität für Bodenkultur in Umeå (Mittelschweden) beispielsweise presst man nicht nur aus Holz Pellets, sondern auch aus Industriehanf und anderen Gräsern (Rohrglanzgras, Elefantengras und der so genannten Rutenhirse). Noch ist diese Technik allerdings nicht salonfähig, denn der hohe Aschegehalt bei der Verbrennung der "grünen" Pellets erfordert eine Umrüstung bei den privaten Heizkesseln.

Nur geringfügige Veränderungsmaßnahmen bei den bestehenden Wärmesystemen verspricht dagegen das Unternehmen Ecoil. Firmengründer Bo Björkman und Mikkel Selder haben ein Verfahren entwickelt, mit dem Rapsöl in Heizöl umgewandelt wird - mit fast den identen Eigenschaften wie sein fossiles Vorbild: "Wir haben versucht, es dem Erdöl nachzubilden. Denn das ist einfach bis jetzt der beste Heizstoff, den wir kennen", erklärt Björkman.

Einen Schritt weiter geht man im Werk Igelsta: Hier werden auch Pellets verfeuert, die neben Holz auch aus Plastik bestehen, um die Energiedichte zu erhöhen. Igelsta gehört zu dem Unternehmen Söderenergie, dass gemeinschaftlich von vier Bezirken betrieben wird.

Früher heizte Söderenergie mit Kohle, heute spezialisiert es sich auf die Verfeuerung von Holz, Torf und aufbereitetem Abfall und versorgt damit 70.000 Haushalte und Büros. Im Jahr 2005 produzierte das Werk 2,1 TWh (Tera-Watt-Stunden). "Für dieselbe Menge an Energie brauchen wir achtmal mehr Brennstoff", erklärt Lennart Ryk, ein Manager von Söderenergie. Das bedeutet ein Vielfaches mehr an nötigen Lagerräumen und ein logistisches Problem. 140.000 Tonnen Holz mussten dafür 2005 gekauft werden. "Ohne die Steuern würde es niemand machen, es ist nicht ökonomisch", so Ryk. Ein schlagkräftiges Argument für die Abkehr von fossilen Brennstoffen: Die Steuern allein auf Heizöl oder Kohle betragen 400 Euro für einen Kubikmeter, und nur etwas weniger auf Erdgas. Autofahrer müssen zum Benzinpreis noch je 25 Prozent aufschlagen.