Spanien steckt in einem tiefen politischen Patt fest. Gibt es bis Anfang Mai keine neue Regierung, stehen Neuwahlen vor der Tür.
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Valencia. (ce) Der Dienstag war für Spaniens linkspopulistische Partei Podemos ein guter Tag. Zum ersten Mal hatte die Protestbewegung einen Gesetzesentwurf eingebracht, das sogenannte "Gesetz 25". Der Entwurf wurde im Kongress auch prompt mit Mehrheit zur parlamentarischen Bahandlung angenommen. Doch der Anfangserfolg der spanischen Syriza-Schwester könnte auch ihr letzter in diesem Parlament sein. Nur noch 14 Werktage trennen Spanien von der Ausrufung von Neuwahlen. Alles, was der im Dezember gewählte Kongress bis dahin auf den Weg gebracht hat, war in dem Fall für den Papierkorb - auf Spanisch "Papelera".
Die Parlamentswahl vom 20. Dezember hat keine klaren Mehrheiten gebracht. Eine tragfähige Koalition zu bilden, schafften die Spitzenleute der Parteien bisher nicht. Jetzt greift König Felipe VI. wieder ein. Er hat die Parteien für den 25. und 26. April zu neuen Gesprächen einberufen, um auszuloten, ob doch noch ein konsensfähiger Kandidat für den Premiersposten zu finden ist.
Laut Verfassung muss der König dem Parlament den Regierungschef vorschlagen. Das hat er Ende Februar getan. Kandidat war der sozialdemokratische Parteichef Pedro Sanchez. Doch der fiel durch. Der bisherige konservative Premier Mariano Rajoy trat gar nicht erst an.
Seither wird vor und hinter den Kulissen verhandelt. Einig wurde man sich nicht. König Felipe hat bis zum Ende des Monats Zeit, einen neuen Kandidaten vorzuschlagen. Das Parlament muss ihn innerhalb von 48 Stunden bestätigen oder ablehnen. Gibt es am 2. Mai keinen neuen Regierungschef, dann werden automatisch am 26. Juni Neuwahlen abgehalten. Die von den anderen Parteien heftig kritisierten Gesetze der bisher mit absoluter Mehrheit regierenden konservativen Volkspartei (PP) gelten dann weiter, mindestens bis Oktober - schließlich gibt es eine parlamentarische Sommerpause.
Prestigeprojekt für Iglesias
Die Opposition will viele Gesetze der konservativen Regierung Rajoy aufheben - etwa zur Bildungs- oder Justizreform. Das Gesetz 25 ist ein Prestigeprojekt für Podemos-Chef Pablo Iglesias. Es bezieht sich auf den Artikel 25 der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Darin geht es um das Recht auf einen angemessenen Lebensstandard: Jeder Mensch hat Anspruch auf eine Lebenshaltung, die seine und seiner Familie Gesundheit und Wohlbefinden einschließlich Nahrung, Kleidung, Wohnung, ärztlicher Betreuung gewährleistet, heißt es dort. Laut Podemos ist als Folge der Sparpolitik der konservativen Regierung in den vergangenen vier Jahren all das nicht mehr gegeben oder gefährdet.
Inhaltlich trifft man sich da mit den Sozialdemokraten (PSOE). Und sogar, wenn auch eingeschränkt, mit der ebenfalls neu im Parlament vertretenen liberalen Partei Ciudadanos (Cs). Beide ließen das Gesetz 25 passieren. PSOE-Chef Sanchez könnte mit Podemos und Cs eine Regierung bilden. Doch deren Chefs Iglesias und Albert Rivera (Cs) sind sich spinnefeind. Vor allem trennt sie die Zustimmung von Podemos für eine Volksabstimmung in Katalonien über die Trennung von Spanien. Einig sind sich Sanchez, Iglesias und Rivera nur in ihrer vehementen Ablehnung des bishjerigen Premiers Rajoy. Für eine Koalition reicht das nicht aus. So werden Neuwahlen immer wahrscheinlicher.