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Ein Liebesbrief an unseren Planeten

Von Markus Kauffmann

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Markus Kauffmann , seit 22 Jahren Wiener in Berlin, macht sich Gedanken über Deutschland.

Eigentlich ist der achte Längengrad Ost ein ziemlich unbedeutender Meridian. Das könnte sich ändern, wenn man die Erde ihm entlang umrundete. Bremerhaven macht´s möglich.


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"This is not an exhibition, this is a love-letter to our planet", rief der irische Sänger und Aktivist Bob Geldof aus, nachdem er das "Klimahaus Bremerhaven 8° Ost" offiziell eröffnet hatte. Keine Ausstellung, sondern ein Liebesbrief an die Erde - seit voriger Woche zu besichtigen direkt am Mündungstrichter der Weser in die Nordsee, am alten "Haven".

Unmittelbar neben dem 147 Meter hohen Großhotel "Sail City", das mit seiner Segelform dem "Burj al Arab" in Dubai nachempfunden ist, wirkt das Klimahaus wie ein riesiges, gläsernes Schiff; aber mit seinen runden, organischen Formen und dem sich spiegelnden Himmel erinnert es bisweilen auch an eine Wolke. Das markante städtebauliche Zeichen fügt sich in das Konzept ein, den Alten/Neuen Hafen zu einem touristischen Wissens- und Erlebniszentrum umzugestalten.

Die erste Station führt den forschungslüsternen Besucher ins Hochgebirge; in das idyllische Schweizer Dorf Isenthal im Kanton Uri. Vorbei an saftigen Hochgebirgswiesen und durch schroffe Felsformationen kann man an dem Gletscher "Blüemlisalpfirn" erfahren, welche Folgen für Tier und Mensch das Abschmelzen der Gletscher hat.

Eine bescheidenere Perspektive nimmt man auf Sardinien ein. Wie eine Ameise schlängelt man sich durch übermannshohes Gras, über den Köpfen fliegt ein Riesenschmetterling und neben einem liegt plötzlich eine achtlos weggeworfene Getränkedose - allerdings drei Meter groß. Man wird zum Teil des Mikrokosmos!

Bei 35 Grad glüht die Sonne der Sahelzone unbarmherzig. Und während man die Tuareg-Frauen beim Hirsestampfen oder Wasserschöpfen aus einem 30 Meter tiefen Brunnen beobachtet, schleppt man sich durch ein ausgetrocknetes Flussbett.

Im Gegensatz zu Kanak in Niger hat es zwar im tropischen Regenwald von Ikenge in Kamerun "nur" 30 Grad, dennoch steht man ob der Luftfeuchtigkeit innerhalb von Sekunden im Schweiß.

Welch Erleichterung, die nächste Station zu erreichen! Im blau-grauen Licht der Antarktis werden die Schritte vorsichtiger. Boden und Wände sind vereist, die Temperaturen sinken. Während die Polarforscher ihre Wetterballons in die Atmosphäre schicken, steigt man selbst durch den Nachthimmel der Sonne entgegen. Zu Füßen die höchsten Wolkenschichten, nach oben der Blick ins unendliche Universum.

Auf der anderen Seite der Erde kann man in die Unterwasserwelten von Samoa eintauchen, Einblicke in das Leben der Yupik (Eskimos) an der Beringstraße gewinnen, auf der Hallig (Insel) Langeneß einen Damm gegen die Sturmflut bauen und mit dem Fischkutter nach Bremerhaven zurückfahren.

In der Abteilung "Elemente" werden mehr als hundert interaktive Experimente angeboten, bei denen man spielerisch lernt, wie sich Wasser, Feuer, Luft und Erde als Klimafaktoren wechselseitig beeinflussen. Und ein bisschen Petrus darf man auch spielen, beim Wind- und Regenmachen.

Das Gebäude selbst muss beheizt, gekühlt, beleuchtet und belüftet werden; 11.500 Quadratmeter Ausstellungsfläche und Schauaquarien fressen ebenso Energie wie die geschätzten 5000 Besucher pro Tag. Mithilfe der Förderung von Umweltinstitutionen hat man allerdings den Energieverbrauch mit modernsten Technologien minimiert.

Am Ende ihrer Weltreise - man sollte sich für dieses einmalige Erlebnis etwa vier Stunden Zeit gönnen - können die Besucher mit Ideen zur Lösung der globalen Klimaprobleme beitragen. Etwa, indem sie ihre persönliche Energiebilanz im Klimahaus-Restaurant durch vegetarisches Essen aufbessern.