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Ein Macher soll es sein

Von Brigitte Pechar

Politik

Die Gewerkschaft hofft auf einen SPÖ-Chef, der zuhören kann und wirksame Mittel gegen die Arbeitslosigkeit hat.


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Wien. Die Gewerkschaft - in Form der FSG, der Fraktion sozialdemokratischer Gewerkschafter - hat für den neuen Bundeskanzler einige Wünsche bereit. Auf der personellen Ebene ist dies, Alois Stöger im Sozialministerium zu behalten. Stöger war der Wunschkandidat der Gewerkschaft für diese Position, der sollte auch durch einen neuen Kanzler nicht entfernt werden, heißt es. Ansonsten hüllt man sich vorerst offiziell in Schweigen, man wolle den Neuen nicht schon vor Amtsantritt mit Forderungen überhäufen, heißt es aus dem ÖGB.

Zuhören und dasGespräch suchen

"Zuhören und das Gespräch suchen", das soll für den Bau/Holz-Vorsitzenden der neue Kanzler können. Und noch wichtig: "Er soll im Bereich des Machbaren Entscheidungen treffen, die im Interesse der Arbeitnehmer sind."

Es sei nicht überraschend, dass die Gewerkschaften sich nach Werner Faymann, der häufig gezögert habe, einen Macher erwarten, sagt Emmerich Tálos, emeritierter Professor für Politikwissenschaft und ausgewiesener Kenner der Gewerkschaften, zur "Wiener Zeitung". "Der ÖGB ist dermaßen auf Pragmatik fokussiert, dass nur eine Person für ihn infrage kommt, die versucht, Lösungen durchzusetzen."

Eine der berechtigten Erwartungen der Gewerkschaften sei die wirkungsvolle Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. Der ÖGB habe zwar bei der Steuerreform viel für seine Klientel durchgesetzt, aber die Arbeitslosigkeit steige weiter an. Da gehe es vor allem darum, dem wachsenden Konkurrenzdruck am Arbeitsmarkt durch unzulässige Konkurrenz - sprich Arbeit ausländischer Arbeitskräfte unter dem Kollektivvertragslohn in Österreich - einen Riegel vorzuschieben. Andererseits sei aber auch die Erwartung da, dass Integrationspolitik nicht zu Lasten der Beschäftigten gehen dürfe.

Neupositionierung zur FPÖaus Einsicht der Schwäche

Interessant, sagt der Politologe, sei für ihn die Positionierung von ÖGB-Präsident Erich Foglar in Richtung Öffnung zur FPÖ gewesen. "Diese Diskussion wird eine ziemliche Zerreißprobe für die Partei werden. Aber meiner Meinung nach können wir nicht jede Regierungszusammenarbeit mit der FPÖ von vornherein ausschließen", hatte Foglar im "Profil" gesagt.

Tálos führt diese Neupositionierung auf die Erfahrungen des ÖGB mit Blau-Schwarz in den Jahren 2000 bis 2006 zurück. Damals sei der ÖGB von sämtlichen Entscheidungsprozessen ausgegrenzt gewesen. Aber: was damals an Widerstand möglich gewesen sei, wäre heute nicht mehr machbar. "Die Gewerkschaften könnten heute nicht mehr diese Mobilisierung erzielen", ist Tálos überzeugt. Die Positionsänderung im ÖGB sei aber schlicht und einfach auch der Erfahrung in den Betrieben geschuldet, denn dort gebe es auf allen Ebenen auch die Zusammenarbeit mit FPÖ-Funktionären.

Ein zweiter Faktor - neben der Erfahrung, dass Ausgrenzung der FPÖ zu einer Koalition mit der ÖVP und schließlich zu einem Ausschluss des ÖGB und der SPÖ aus allen Entscheidungsprozessen sein kann - sei möglicherweise die Erkenntnis, dass der Widerstand nicht mehr in Massendemonstrationen organisierbar sein wird. "Die Einsicht der Schwäche könnte ein zweiter Faktor zur Aufgabe der Anti-FPÖ-Position sein, sagt der Politikwissenschafter. Er wirft der Gewerkschaft vor, dass sie diese Schwäche derzeit verberge, indem sie sich teilweise hinter dem Gebilde der Sozialpartnerschaft verschanze.

Für Tálos hat die SPÖ vorerst zwei Dinge zu erledigen: Die Klärung des Verhältnisses zur FPÖ aber vor allem - und das sei viel schwieriger - die Positionierung in der Flüchtlingsfrage. Keine leichte Aufgabe, schließlich geht die Bandbreite der Meinungen von Grenze dicht bis Öffnung.