Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 19 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Das Ö1-"Radiokolleg" dieser Woche entführt uns nach Marokko. Bis Donnerstag (9.05, Wh. 22.15 Uhr) sind wundersame Geschichten aus Marrakesch zu hören, deren erste gestern den Zauber der Jemaa el Fna einfing: ein offener Platz, der seit Gründung der Stadt im 11. Jahrhundert existiert und von Händlern, aber auch von Geschichtenerzählern, Tänzern und Musikern und natürlich Touristen, bevölkert ist.
Verkauft werden Datteln und Pistazien ebenso wie Zahnprothesen oder ein paar Schluck Wasser. Heiler bieten Kräuter gegen jede erdenkliche Krankheit an, daneben erklingen Trommeln und Tamburins, tanzen als Frauen verkleidete Männer, andere lesen Koransuren vor oder erzählen Märchen. Bis zum Abend finden sich oft Tausende Menschen auf dem Platz ein, der für Frauen bis vor kurzem Tabu war.
Vor einigen Jahren hätte die Jemaa el Fna in einen Parkplatz umgewandelt werden sollen. Dagegen wandte sich ein spanischer Journalist in mehreren Zeitungen. Daraufhin erstellte die UNESCO ein Programm "zum Schutz der Meisterwerke des mündlichen und immateriellen Erbes der Menschheit", unter das nun die Jemaa el Fna fällt.
Wie viel dieser Schutz bewirken kann, steht in den Sternen. Die Künstler müssen sich immer mehr gegen Geschäfte, Mopedfahrer und laute Kassettenmusik behaupten, die alten Geschichtenerzähler sind gestorben, und eine neue Generation wächst nur spärlich nach: Die Eltern sehen ihre Kinder lieber in besser bezahlten Berufen.