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Winterzeit, Heimkinozeit. Einatmen, ausatmen, durchatmen. Nachdenken. Ehe Bruce Willis am Heiligen Abend verlässlich für das Gute der Welt Blut fließen lässt, darf die innere Einkehr derzeit noch besinnlicher ausfallen. Begünstigt wurden die diesbezüglichen Absichten am Mittwoch von Servus TV, wo entgegen der sendereigenen Schwerpunktsetzung gerade einmal nicht zu teuer gegessen oder zu extrem Sport betrieben wurde. Mit "Ein Mann sucht sich selbst" ("Five Easy Pieces") lief, leider in der schlechten deutschen Synchronisation, ein Klassiker des US-Regisseurs Bob Rafelson aus dem Jahre 1970, der das Psychogramm eines Mannes in der Krise zeichnete. Darin wird Jack Nicholson als ehemaliger Pianist, der sich mit schlechten Gelegenheitsarbeiten auch davon ablenkt, dass ihm seine Beziehung nichts mehr bedeutet, nach der Erkrankung seines Vaters mit seiner Familie - und damit der eigenen Vergangenheit - konfrontiert. Ein Jahr nach "Easy Rider" und fünf Jahre vor "Einer flog über das Kuckucksnest" brillierte Nicholson als grundsätzlich guter Charakter, der mit sich selbst aber nicht zurechtkommen will. Zwischen Selbsthass und Wut auf die anderen, Befreiungssex und Kanalisationsschlägereien wird am Ende doch kein Ventil gefunden, das daran etwas ändern könnte. Neben der küchenpsychologischen Weisheit, dass nicht lieben und geliebt werden kann, wer sich selbst und sein Umfeld nicht respektiert, meint "Ein Mann sucht sich selbst" immer auch: Ein Mann läuft weg. Gnade seiner Seele.