Die gegenwärtige neurotische Beziehung zwischen den USA und Pakistan ist immer noch besser als ein offener Bruch.
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Warum hat Washington fast acht Monate dafür gebraucht, sich für den Tod von 24 pakistanischen Soldaten zu entschuldigen? Weil die USA und Pakistan die neurotischste gegenseitig destruktive "freundschaftliche" Beziehung der Welt unterhalten. US-Außenministerin Hillary Clinton sprach erst am 3. Juli endlich in einem Telefongespräch mit ihrem pakistanischen Ressortkollegen die magischen Worte aus: "Wir bedauern die Verluste, die das pakistanische Militär erlitten hat." Eine laue Entschuldigung, aber ausreichend, dass die Pakistaner die nach dem unbeabsichtigten Angriff geschlossenen Grenzübergänge zu Afghanistan wieder geöffnet haben.
Diese Geschichte ist noch merkwürdiger, als sie klingt. Die Regierung von US-Präsident Barack Obama gelangte bereits vor Monaten zu einer provisorischen Entscheidung, ihr Bedauern auszudrücken. Das scheiterte jedoch daran, dass sie sich für einen anderen fürchterlichen Fehler entschuldigen musste, die unbeabsichtigte Koran-Verbrennung vom 22. Februar. Zu einer weiteren Verzögerung kam es, da Pakistans Außenminister Hina Rabbani Khar empfahl, die Entschuldigung solle aufgeschoben werden, bis das pakistanische Parlament wieder tagt.
Gut wäre, wenn die verspätete Entschuldigung als außergewöhnliches Beispiel des amerikanisch-pakistanischen Misstrauens gesehen werden könnte. Leider ist es aber eine typische Veranschaulichung dessen, was so seltsam an dieser Beziehung ist. Im einen Monat sprechen die beiden Staaten über strategische Zusammenarbeit und im nächsten befehden sie einander. Sie beanspruchen, Verbündete im Kampf gegen den Terrorismus zu sein, auch wenn die Geheimdienste beider Länder Operationen durchführen, die die jeweils andere Seite als feindlich gesinnt einstuft.
Eine nützliche Brückenfunktion in dieser neurotischen Beziehung hatte Husain Haqqani, früherer pakistanischer Botschafter in Washington. Er versuchte, die Gesprächsbasis über den Abgrund des Misstrauens hinweg zu erhalten. Und er versuchte auch, die schwache zivile Regierung zu repräsentieren, die dem übermächtigen pakistanischen Militär gegenübersteht.
Wie hat man Haqqani all das gedankt? Gefeuert wurde er, nachdem man ihn beschuldigt hatte, ein Verräter zu sein. Jetzt bereitet er sich darauf vor, im Herbst an der Boston University zu lehren. Gut für die dortigen Studenten, aber ein Verlust für Pakistan.
Blickt man ein paar Jahre zurück in der Geschichte dieser Beziehung, fällt auf, dass beide Staaten ständig zu schmollen scheinen, sich nicht ausreichend gewürdigt, dafür aber missbraucht fühlen. Da ein offener Bruch keiner Seite etwas brächte, vermeiden beide das endgültige Aus der Beziehungen. Aber das ungute Gefühl hat sich verhärtet zu etwas Düsterem, Angespanntem.
Vielleicht sollten wir also dankbar sein für das bizarre Verhalten, das die jüngste laue Entschuldigung umgibt. Das verrückte Paar kittet wieder einmal ein Zerwürfnis. Die Seifenoper geht weiter. Besser das als ein böses Ende.
Übersetzung: Redaktion
Siehe auch:
Originalfassung der Kolumne in der Washington Post "One neurotic relationship"