Immerhin: Gerissen hat sich der amtierende Verteidigungsminister nicht um diesen Job. Norbert Darabos wusste wohl selbst am besten, warum er die Funktion ursprünglich gar nicht wollte. Aber die Wege des eigenen Parteichefs sind manchmal unergründlich.
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Die Medienberichte über den ersten Zivildiener in diesem Amt glichen der sprichwörtlichen Achterbahnfahrt. Nachdem sich die anfängliche Verwunderung über die rote Ressortwahl gelegt hatte, begannen manche Medien schon an Heldengeschichten der Marke "einsamer Kämpfer" zu stricken. Als die journalistische Verzweiflung ob des gemächlichen Arbeitstempos der neuen Regierung am größten war, kam sogar die ausgefallene Designerbrille des Ministers zu medialen Ehren.
In den letzten zwei Wochen blies Darabos jedoch ein scharfer Wind ins Angesicht. Ranghohe Vertreter der Miliz gingen an die Öffentlichkeit und warnten vor dem Zusammenbruch ihres Verbands. Der Minister, so die weiteren Vorwürfe, igle sich mit einigen wenigen Vertrauten ein und konzentriere seine ganze Energie auf seinen parteipolitischen Auftrag, die Eurofighter zu verhindern - für den Rest des Heeres bleibe da kaum mehr Zeit. Vom Koalitionspartner ÖVP hat Darabos sowieso keine Schonung zu erwarten.
Der erstaunliche, weil ungewöhnliche öffentliche Aufschrei der Milizoffiziere animierte gleich mehrere Medien zu Leitartikeln, die recht unverblümt dem Minister Überforderung und/oder Unfähigkeit attestierten. So offen in die mediale Schusslinie ist - sieht man einmal von der unorthodoxen ÖVP-Familienministerin Andrea Kdolsky ab - bislang noch kein Minister der neuen großen Koalition geraten.
Nach einer überlangen Schrecksekunde ob der neuen Richtung der Debatte, die direkt auf den Minister selbst zielt, will Darabos nun offensichtlich in die Offensive gehen. Am heutigen Dienstag will er in einer Pressekonferenz erläutern, wie es mit der ins Trudeln geratenen Bundesheerreform weiter gehen soll. Es ist anzunehmen, dass er dabei bemüht sein wird, den Befürchtungen der Milizionäre entgegenzuwirken.
Auch in der Eurofighter-Frage deutet viel darauf hin, dass nun die entscheidende Phase in den Verhandlungen mit dem Hersteller angebrochen ist. Dass am Freitag plötzlich ein Gerücht über eine angebliche Einigung mit der Herstellerfirma die Runde gemacht hat, ist ein Beleg für die steigende Nervosität aller Beteiligten.
Lange lässt sich die Verzögerungstaktik des Ministers ohnehin nicht mehr aufrechterhalten: Irgendwann ist auch die allerletzte Software-Lizenz erteilt und die Qualitätsprüfung des Jets abgeschlossen. Und wenn dann die Flieger endgültig im Landeanflug auf Österreich sind und Darabos immer noch mit leeren Händen für seine Partei und ihr Wahlversprechen dasteht, wird es endgültig ganz eng für ihn.