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Ein Modell mit Ablaufdatum

Von Matthias Greuling

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Die Panik beim ORF ist durchaus verständlich. Sich fortsetzende Quoten-Sinkflüge machen den Verwaltern von Werbeeinnahmen und Steuergelder am Küniglberg berechtigte Sorgen. Sich am Markt zu behaupten, war noch nie so schwierig wie heute. Aber was tun? Programmreform? Noch mehr Serien?


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Der ORF macht nun Kosmetik. Ab diesem Samstag erscheint ORF1 in neuem optischen Gewand, und auch der Sendername ändert sich: Aus ORF 1 wird ORF eins. Das soll irgendwie stylish aussehen, vornehmer und zugleich dynamisch. Die Zielgruppe soll mit durchaus elegant-schlichten Zuspielern und Animationen aus der ORF-Grafik optisch zum Programm verführt werden. Das neue Sender-Logo wird andere Farben haben, ein neuer Dreiklang wird zur Audiosignation von ORF eins.

All das soll den "jungen, urbanen, internationalen und gutverdienenden" Zusehern gefallen und sie mehr an das ORF-Programm binden. ORF 2 (das ist der Sender für die restliche Bevölkerung) bleibt vorerst unverändert (weil die restliche Bevölkerung nicht urban genug ist, um ihr große Veränderungen zuzumuten).

Allein: Der optische Aufputz wird dem ORF die verlorenen Quoten nicht zurückbringen. Vielleicht ist das eine Erkenntnis, die sich in einem so riesigen Unternehmen erst langsam durchsetzt: Dass das Fernsehen nämlich in seiner heutigen Form ein Modell mit Ablaufdatum ist. Denn mindestens die Hälfte der vom ORF umworbenen Zielgruppe verbringt die Zeit, die sie früher vor dem Fernseher saß, längst mit Facebook, Twitter, Youtube, DVDs oder Video-on-Demand. Interaktive Kanäle, die der ORF bisher - aus welchen Gründen immer - so gut wie gar nicht nutzt.