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Ein Monat voller Goethe

Von Hermann Schlösser

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Den ganzen April über feierte 3sat das prominenteste Geburtstagskind des Jahres mit dem Programmschwerpunkt "goethes welt". Das "o" im Titel ähnelte dem "Klammeraffen" einer E-Mail-Adresse, weil

das Fernsehen ja immer auf der Höhe der Zeit sein muß. Trotzdem meinte man es mit dem Jubilar so ernst, wie er es verdient.

Nicht alle Sendungen habe ich gesehen, nicht alle, die ich sah, haben mir gefallen. Vor allem war ich enttäuscht von den Inszenierungen der Dramen Goethes: Eine statuarisch-hausbackene "Stella", ein

avantgardistisch überdrehter "Torquato Tasso" und eine "Iphigenie", die unentschlossen zwischen diesen beiden Extremen hin und her taumelte. Andere Aufführungen habe ich nicht angeschaut.

Doch gab es auch Erfreuliches: Claude Chabrols alte "Wahlverwandtschaften"-Verfilmung z. B., die in ihrer choreographischen Präzision der Vorlage aufs Schönste entspricht. Dann drei Gesprächsrunden,

die von Roger Willemsen geleitet wurden. Er erwies sich wieder einmal als der einzige deutsche Talkmaster, der Intelligenz und literarische Sachkenntnis nicht für einen quotenschädigenden Makel hält.

Hübsch waren auch die "goethe.news", die Weimarer Neuigkeiten von damals hervorholten. Vor allem die Sprache des Wetterberichts, die von Goethes naturwissenschaftlichen Schriften inspiriert war,

könnte man heutigen Wetterfeen und -fröschen nur zur Nachahmung empfehlen.