Wie das Abkommen zwischen der FPÖ und der Regierungspartei "Einiges Russland" in Moskau gesehen wird.
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Moskau/Wien. Während die jüngste Moskau-Reise der FPÖ und der Abschluss eines Kooperationsvertrages mit der Putin-Partei "Einiges Russland" in Österreich hohe Wellen geschlagen haben, wurde in Russland wenig über das Treffen berichtet. "Die österreichischen Rechten setzen ihren Wahlkampf in Moskau fort", titelte etwa die russische Zeitung "Kommersant". Eine "Alternative zu den anti-russischen Sanktionen" sieht darin der TV-Sender "Zargrad" des ultrakonservativen Oligarchen Konstantin Malofejew, der als FPÖ-Fan gilt. Auch die französische Rechtspartei Front National (FN) soll sich bei der Suche nach Finanzierungsquellen für den Präsidentschaftswahlkampf 2017 erneut an Russland gewandt haben, wie am Mittwoch bekannt wurde. Nachdem mehrere Anfragen bei "Einiges Russland" unbeantwortet blieben, hat die "Wiener Zeitung" bei dem als loyal geltenden Politologen Andrej Kulikow nachgefragt, wie das Abkommen zwischen der FPÖ und "Einiges Russland" in Moskau gesehen wird.
"Wiener Zeitung": Diese Woche wurde in Moskau ein Kooperationsvertrag zwischen der FPÖ und der russischen Regierungspartei "Einiges Russland" geschlossen. Was bedeutet das für "Einiges Russland"?
Andrej Kulikow: Ich möchte daran erinnern, dass das russische Parlament zuletzt die Entscheidung getroffen hat, künftig die internationalen Reisen der Abgeordneten einzuschränken. Das wurde in erster Linie mit Sparmaßnahmen gerechtfertigt. Zugleich spiegelt das aber auch wider, dass sich die internationalen Kontakte der russischen Politiker zu ausländischen Partnern zuletzt stark verringert haben (so steht auch Sergej Schelesnjak, der das Abkommen auf russischer Seite unterzeichnet hat, auf der EU-Sanktionsliste, Anm.). Vor diesem Hintergrund sieht das Abkommen mit der FPÖ, die ja zuletzt auf einige Wahlerfolge zurückblicken kann, wie ein großer Erfolg aus.
Wie wird in Moskau diese Kooperation gesehen?
Das Abkommen sieht ständige Kontakte zwischen den Parteien und einen Erfahrungsaustausch in wirtschaftlichen und Investitionsfragen vor. Vor dem Hintergrund des schwierigen politischen Dialogs zwischen der EU und den Sanktionen kann man dieses Abkommen im Grunde als eine Brücke sehen, die Russland und die EU, Russland und Österreich verbindet. Natürlich, im gesamten Kontext der EU hat das keine große Bedeutung. Aber es ist nun mal viel besser als nichts. Moskau sucht nach Anerkennung und Dialog und will seine wirtschaftlichen Interessen durchsetzen. Ein derartiges Abkommen ist eine der Varianten, das zu erreichen.
Wie könnte eine Zusammenarbeit konkret aussehen?
Treffen, Reisen, gemeinsame Veranstaltungen - die ganze Bandbreite der Kooperation zwischen Parteien, wie das auch anderswo der Fall ist. Unter den aktuellen Umständen, insbesondere der internationalen Isolation der russischen Politiker, werden aber selbst banale Formen der Zusammenarbeit zwischen den Parteien zu einer großen Sache.
Hat das alles aber nicht einfach auch nur symbolische Bedeutung?
Nicht nur. Abgesehen vom politischen Dialog sieht das Abkommen auch Wirtschaftliches vor. Die Möglichkeit, die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den beiden Ländern in jenen Sektoren auszubauen, die sich nicht unter den Sanktionen befinden, wie Bau, Informationstechnologie, Maschinenbau und Tourismus.
In Österreich war das Treffen ein Skandal. Vizekanzler Reinhold Mitterlehner hat es als eine "außenpolitische Geisterfahrt" bezeichnet. In russischen Medien wurde - wohl auch im Zusammenhang mit dem Attentat auf den russischen Botschafter in der Türkei - weniger darüber berichtet. Warum?
Es wurde sehr wohl darüber berichtet, wenngleich es kein Hauptthema war. Die Erklärung dafür ist einfach: Es ist ein Abkommen zwischen den Parteien und nicht zwischen den Regierungen.
Während aus der FPÖ die Parteiführung angereist ist, wurde das Abkommen auf russischer Seite von dem Vize-Generalsekretär der Partei, Sergej Schelesnjak, sowie dem Vize-Sprecher der Duma, Pjotr Tolstoj, unterzeichnet. Also keine Politiker aus der ersten Reihe. Hat das eine Bedeutung?
Das hat keine Bedeutung. Immerhin ist der Vorsitzende von "Einiges Russland" der Ministerpräsident des Landes (Dmitrij Medwedjew, Anm.). Damit das Abkommen auf der Parteiebene bleibt, wurde es von den Vize-Vorsitzenden unterzeichnet.
Meines Wissens ist es zumindest in jüngster Zeit das erste Dokument über die Zusammenarbeit zwischen "Einiges Russland" und einer rechtspopulistischen Partei der EU. Vom Wortlaut des Abkommens her ist davon auszugehen, dass der Grundlagentext auf Russisch verfasst und dann auf Deutsch übersetzt wurde. Lässt das Rückschlüsse darauf zu, dass es auf die Initiative von "Einiges Russland" entstanden ist?
Solche Übereinkünfte werden doch immer schriftlich abgeschlossen. Das hier ist da keine Ausnahme. Was dafür spricht, dass dieses Abkommen von "Einiges Russland" vorbereitet wurde, ist, dass "Einiges Russland" sowohl die Kontakte als auch das Abkommen initiiert hat. Aber selbst, wenn es das erste schriftliche Abkommen ist, bricht damit jetzt nicht gleich eine neue Ära an. Russland sucht einfach nach Anerkennung und Dialog in Europa, und deswegen versucht es, das über jene Parteien oder politischen Kräfte zu machen, mit denen das derzeit möglich ist.
Andrej Kulikow ist Politologe und hat sein Doktoratsstudium am Europa-Institut der Russischen Akademie der Wissenschaften absolviert. Er ist Chefredakteur von "Europe Insight", einer Informationsseite eines gleichnamigen privaten Forschungsinstituts, die über die Beziehungen zwischen Ländern des post-sowjetischen Raums und Europa berichtet.