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Ein Name oder eine Diagnose?

Von Christina Böck

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Kaum schauen die UNO-Beobachter einmal kurz weg, wird schon wieder eine Wahl manipuliert. Unliebsame Kandidaten mit besten Siegeschancen werden einfach aus dem Bewerb gekickt. Wie soll man einem Verlag wie Langenscheidt jetzt noch trauen können? Kann man sicher sein, dass die Wörter in den Wörterbüchern richtig übersetzt wurden? Oder wurde da auch so manches entfernt, weil es jemanden diskriminieren könnte? So erging es nämlich dem "Alpha-Kevin". Der lag schon gut vorn in der Publikumswahl zum Jugendwort des Jahres, die Langenscheidt jährlich veranstaltet. Doch nun musste er weichen - man wolle keine konkreten Personen beleidigen. Denn "Alpha-Kevin" bedeutet in etwa "der Dümmste von allen". Derzeit liegt an erster Stelle der Wahl übrigens "merkeln", was so viel bedeutet wie "rumeiern". In dem Fall scheint die Diskriminierung einer "konkreten Person" wieder eher wurscht zu sein.

Der "Alpha-Kevin" spielt natürlich auf die Vorliebe einer Generation an, ihre Kinder Kevin, Mandy oder Chantal zu nennen. Eine Studie hat sogar einmal untersucht, ob Kinder mit diesem Namen schlechter in der Schule abschneiden - und musste bejahen. Ein Lehrer sagte damals: "Kevin ist kein Name, sondern eine Diagnose." Tatsächlich liegen die schlechteren Noten aber auch daran, dass vorurteilsbeladene Lehrer Sprösslinge des Kevinismus grundlos schlechter beurteilen. So gesehen vielleicht doch ganz nett, diesen Begriff zurückzuziehen. Aber nett ist eigentlich keine Kategorie in der Sprachentwicklung. Mal abgesehen davon, dass der "Alpha-Kevin" erst jetzt so richtig Aufmerksamkeit bekommen hat.