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Ein Naturwunder hofft auf Paris

Von WZ-Korrespondentin Barbara Barkhausen

Politik

Der Fortbestand des Great Barrier Reefs an der Nordküste Australiens hängt vom Erfolg der Klimakonferenz in Paris ab. Australien ist einer der weltweit größten Umweltsünder. Das Land setzt auf Kohle.


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Canberra. (ce) Australiens Umweltbilanz sieht alles andere als rosig aus. Kohle ist nach Eisenerz das größte Exportprodukt des Landes und wird auch im eigenen Land zur Elektrizitätsgewinnung verbrannt. Pro Jahr und Kopf produziert Australien 16,5 Tonnen Kohlendioxid - das ist einer der höchsten Werte der westlichen Welt. Auch das Great Barrier Reef wird durch den Klimawandel in Mitleidenschaft gezogen.

Australien tut wenig, um den Klimawandel zu stoppen. Eine Klimasteuer wurde kurzerhand wieder abgeschafft und die Klimaziele, mit denen Australien beim Klimagipfel in Paris nächste Woche aufwartet, sind bescheiden. So verspricht das Land, die Emissionen bis 2030 um 26 bis 28 Prozent im Vergleich zu 2005 zu senken. Die EU dagegen will sich zu einer 40-prozentigen Reduktion im Vergleich zu 1990 verpflichten. Dabei ist Australien mehr als andere Länder auf ein stabiles Klima angewiesen.

Hälfte der Korallen ausgestorben

Steigt der Meeresspiegel an, könnten nicht nur Millionen Klimaflüchtlinge von den pazifischen Inselstaaten das Land überschwemmen, auch Australiens Küstenstädte würden teils unter Wasser stehen und tropische Wirbelstürme nicht mehr nur den Norden des Landes betreffen. Eine aktuelle Studie der Munich Re schätzt, dass die Kosten von Naturkatastrophen von derzeit 6,3 Milliarden australischen Dollar (4,3 Milliarden Euro) bis 2050 auf 23 Milliarden Dollar klettern könnten.

Für das Great Barrier Reef - die größte von Lebewesen geschaffene Struktur der Erde - würde eine Erwärmung des Wassers von über zwei Grad Celsius den Todesstoß bedeuten: "Wenn Paris nicht handelt, stirbt das Great Barrier Reef innerhalb von 50 Jahren", prophezeit der Meereswissenschafter Ove Hoegh-Guldberg, der an der Universität von Queensland das Global Change Institut leitet. 50 Prozent der Korallen sind in den vergangenen Jahrzehnten bereits abgestorben. Klimawandel, Stürme, Abwässer aus der Landwirtschaft, die Ausbreitung des Dornenkronenseesterns, der die Korallen abfrisst, und Hafenerweiterungen setzen das Riff unter Druck.

Wissenschafter wie Hoegh-Guldberg arbeiten intensiv am Schutz des Riffs: "Es wird daran geforscht, wie man die Genetik der Korallen mit Genen anreichern könnte, die wärmere Temperaturen tolerieren können und an Partikeln, die an der Wasseroberfläche das Eindringen des Lichts ins Riff und damit den Schaden verringern könnten." Doch all diese "Techno-Fixes", wie Hoegh-Guldberg sie nennt, seien nicht viel mehr als "mutige Rettungsversuche". "Wir sprechen hier von einem Ökosystem, das so groß ist wie Italien", gibt der Wissenschaftler zu bedenken.

Die einzige Rettung für Korallenriffe wie das Great Barrier Reef, das über den Tourismus rund 70.000 Menschen beschäftigt und jährlich sechs Milliarden Dollar einspielt, sei ein "stabiles Klima" bis Mitte des Jahrhunderts, sagt Hoegh-Guldberg. Dafür müsse künftig aber auf fossile Brennstoffe verzichtet werden. Auch laut des australischen Klimarats müssten 90 Prozent der australischen Kohlereserven im Boden bleiben, um den weltweiten Anstieg der Temperaturen auf unter zwei Grad zu beschränken.

Politik steht hinter Industrie

Keine leichte Forderung für Australiens Wirtschaft, die auf ihre Rohstoffe angewiesen ist und keinerlei Anstalten macht, die Investitionen in Kohle zu beschränken. Auch die Politik steht mit Ausnahme der Grünen Partei geschlossen hinter der Kohleindustrie. So wurde erst in diesem Jahr mit der Carmichael-Mine im Bundesstaat Queensland die größte Kohlemine der Welt genehmigt. 60 Millionen Tonnen sollen von hier jedes Jahr nach Indien exportiert werden - angelegt auf die kommenden 60 Jahre.