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Ein neues Hausärztemodell könnte Synergien für alle Beteiligten schaffen

Von Brigitte Pechar

Analysen

Es wird immer schwieriger, Allgemeinmediziner für ländliche Gebiete zu finden. Ein angemessenes Einkommen kann nur durch hohe Patientenfrequenzen erwirtschaftet werden. Immer mehr Allgemeinmediziner müssen deshalb Nebenbeschäftigungen - etwa Gutachtertätigkeiten - annehmen. Hinzu kommt, dass in den kommenden zehn Jahren 50 Prozent der Allgemeinmediziner in Pension gehen. Akut sind derzeit 60 bis 80 Ordinationen von Schließungen bedroht.


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Um die Allgemeinmediziner aufzuwerten, aber auch um die Versorgung auf dem Land sicherzustellen, geht die Ärztekammer jetzt in die Offensive. Ein neues Hausärztemodell soll den Berufsstand auch für Junge wieder attraktiv machen.

Dass der Beruf des Allgemeinmediziner in jüngster Zeit in Verruf geraten ist, liegt teilweise auch am System. Die Ausbildung ist sehr schlecht, die meisten praktischen Ärzte haben - ehe sie selbst eine Praxis eröffnen - nie zuvor in einer gearbeitet. Das liegt daran, dass die Ausbildung mit einem dreijährigen Spitalturnus nach dem Medizinstudium abgeschlossen wird. Eine Lehrpraxis bei einem praktizierenden Arzt ist in Österreich nicht vorgesehen. Zwar bieten immer mehr engagierte Allgemeinmediziner diese Möglichkeit an, zwingend ist sie aber nicht. Oft scheitert das auch am Finanziellen. Die Ärztekammer schlägt daher eine Drittel-Lösung vor: Arzt, Land und Bund.

"Learning by Doing" ist deshalb für junge praktische Ärzte die eigentliche Ausbildung. Und weil die Einrichtung einer Ordination extrem teuer ist, müssen Ärzte sehen, wie sie diese Investitionen so rasch wie möglich hereinbringen können. Da die Honorare der Kassen nicht besonders hoch sind - pro Ordination etwa 10 Euro, Fallpauschalen pro Patient und Quartal von 27 Euro -, sind die Mediziner gezwungen, Patienten im Akkord durchzuschleusen.

Dass damit zu Patienten keine besondere Vertrauensbasis aufgebaut werden kann, leuchtet ein. Deren Unzufriedenheit wiederum führt dazu, dass sie erst gar nicht mehr zum Allgemeinmediziner gehen, sondern gleich zum Facharzt, von dem sie glauben, dass er der Richtige ist.

Auf der anderen Seite der Problematik stehen die Defizit-geplagten Krankenkassen. Sparen und Optimieren ist daher deren Devise.

Und nun kommt die Ärztekammer und will für ihre Hausärzte - zu 90 Prozent wohl Allgemeinmediziner - mehr Geld, bietet aber im Gegenzug Leistung: Nämlich die Zusammenführung der Befunde und eine Gesamtexpertise. Zusätzlich sollen die Hausärzte als Lotsen durch das Gesundheitssystem unnötige Kosten vermeiden helfen.

Ein Vorschlag, den der Hauptverband der Sozialversicherungsträger und das Gesundheitsministerium nicht sofort vom Tisch wischen sollten. Ernsthafte Gespräche über ein sinnvolles Hausarztmodell mit Synergien für alle Beteiligten wären sehr nützlich. Und könnten Kosten sparen helfen.

Siehe auch:Hausärzte als Lotsen im Gesundheitssystem