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Ein neues Lehrerbild ist angesagt

Von Brigitte Pechar

Politik

Schmied: Nach Auswahlverfahren Ausbildung für alle, dann Spezialisierung. | Experte: "Höchste Zeit für gemeinsame Lehrerausbildung." | Wien. Die klare Willensbekundung von Wissenschaftsminister Johannes Hahn für eine gemeinsame Lehrerausbildung wertet Unterrichtsministerin Claudia Schmied als "ersten wichtigen Schritt" auf dem Weg dorthin. Einen genauen Plan dafür gebe es noch nicht, jetzt würde erst einmal eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die sich damit auseinandersetzt, wie die an den Pädagogischen Akademien und Universitäten vorgenommene Ausbildung sinnvollerweise zusammengeführt werden kann.


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Ab 2012 gehen 60.000 Lehrer in Pension

Zwischen 2012 und 2020 geht die Hälfte der 120.000 Lehrer in Pension. Wenn man also in der Lehrerausbildung etwas ändern wolle, dann müsse das jetzt sein, sagt Schmied. Ihr Grundverständis dafür: Ein Auswahlverfahren zu Beginn und eine Grundausbildung für alle Lehrer mit anschließender Spezialisierung.

Wie aber kann eine neue Form des Unterrichtens aussehen? Pädagogikprofessor und Mitglied der Expertenkommission "Zukunft Schule" Michael Schratz fordert hier ein Umdenken von den Lehrern ein. Im Gegensatz zu früher müssten Lehrer in der Lage sein, Lernprozesse zu organisieren, anstatt Wissen zu vermitteln. Dazu brauche es diagnostische Fähigkeiten. Denn Lehrer müssten vor allem einmal einschätzen, wo die Schüler gerade stehen, ob sie überhaupt lernbereit sind. Die Kinder müssten selbst verantwortlich gemacht werden: "Die Schüler müssen selbst nach dem Lehrplan Ziele definieren - was muss ich bis Weihnachten können? Der Lehrer muss sie dabei unterstützen. Damit wäre auch die Haltung für ein lebenslanges Lernen gelegt", sagt Schratz.

Junge Lehrer habenanderes Verständnis

In der großen Pensionierungswelle sieht Schratz auch Vorteile. Denn die jungen Lehrer hätten bereits ein anderes Verständnis von Schule. Viele Universitäten hätten bereits spezielle Programme für angehende Lehrer entwickelt. An der Uni Innsbruck, wo Schratz das Institut für Lehrerausbildung und Schulforschung leitet, habe man ein innovatives Modell entwickelt, um zu sehen, wer wirklich für den Lehrberuf geeignet ist. 20 bis 30 Prozent würden bereits im ersten Studienjahr umsatteln. Trotz dieser Ansätze, sei es "höchste Zeit für eine gemeinsame Lehrerausbildung. Wir können uns den Luxus einer zweigleisigen Ausbildung nicht mehr leisten", sagt Schratz.

Unterstützung für eine neue Art des Lehrens und Lernens, so Schratz, würden die Bildungsstandards leisten. Die innere Differenzierung mit Orientierung an den einzelnen Schülern werde erleichtert. Damit würde aber auch gezeigt, ob die Lehrperson ihre Ziele erreicht hat. Allerdings sieht Schratz auch eine Notwendigkeit, die Schulorganisation zu verändern. Denn so lange Schüler ausgelagert werden könnten, werde das geschehen. Daher sieht Schratz in einer gemeinsamen Schule die Lösung.

Wissen: Maßnahmen des UnterrichtsministeriumsKleinere Schulklassen: Im Vorjahr wurde die Klassenschülerzahl in Pflichtschulen mittels Bedarfszuweisung auf 25 als Richtwert gesenkt. Jetzt ist eine Schulorganisationsgesetz-Novelle (SchoG) in Begutachtung, die kommenden Mittwoch im Ministerrat beschlossen wird. An Pflichtschulen gilt demnach der Richtwert 25, an AHS 25 plus 20 Prozent Überschreitungsmöglichkeit auf maximal 30. Bisher galt 30 Schüler plus 20 Prozent auf höchstens 36 Schüler pro Klasse.

In derselben Novelle werden auch die Deutschförderkurse an Volksschulen verlängert und auf Hauptschulen und die Polytechnischen Lehrgänge ausgeweitet.

Sprachförderung im Kindergarten: Nach Unterzeichnung der 15a-Verträge zur Kinderbetreuung bis Ende Mai durch alle Bundesländer werden ab Juni die Investitionen des Bundes für Sprachförderung in drei Jahren verzehnfacht (von 500.000 auf 5 Millionen Euro). Bereits im Mai beginnen die Sprachstandsfeststellungen für Kinder, die übernächstes Jahr ihren Schuleintritt hätten. Bei mangelnden Deutschkenntnissen müssen diese Kinder ab Herbst ein Jahr den Kindergarten besuchen.

Bildungsstandards und Zentralmatura: Mit einer Novelle zum Schulunterrichtsgesetz (SchuG), das derzeit in Begutachtung ist, ebnet Unterrichtsministerin Claudia Schmied die Einführung von Bildungsstandards und Zentralmatura. Darin wird festgelegt, dass die Ministerin für einzelne Schulstufen Bildungsstandards sowie Termine und Aufgabenstellung für die Matura zentral verordnen kann. Eine Verordnung soll noch heuer kommen. Ab 2012 sollen die Bildungsstandards an allen Schulen gelten.

Die Neue Mittelschule: Ende des Vorjahres wurde die Möglichkeit geschaffen, in Modellregionen die Neue Mittelschule zu erproben. Ab dem Schuljahr 2008/09 beteiligen sich 65 Standorte in der Steiermark, im Burgenland, in Kärnten, Vorarlberg und Oberösterreich an diesem Projekt. Wien und Salzburg folgen im kommenden Jahr.

Wünsche der Ministerin: Die Zahl der Schulpsychologen soll erhöht werden. Alle Schulen in Österreich sollen Verhaltensvereinbarungen abschließen, um der Gewalt an Schulen vorzubeugen.

Direktoren sollen Managementausbildung erhalten und Personalhoheit erhalten.

Eine gemeinsame Ausbildung und ein einheitliches Dienstrecht für alle Lehrer.