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Ein neues strategisches Muster für 2006

Von Walter Hämmerle

Politik

WZ-Interview mit Fritz Plasser. | Strache-Erfolg 2006 könnte SPÖ wichtige Stimmen kosten. | Wahrscheinlichkeit einer großen Koalition ist gestiegen. | "Wiener Zeitung": Wie hat sich die Situation für die Nationalratswahlen 2006 durch die Wiener Wahlen verändert?


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Fritz Plasser: Indem sich die Strache-FPÖ offensichtlich wieder dem freiheitlichen Wahlergebnis von 2002 annähert (10 Prozent; Anm.), ist ein neues strategisches Muster entstanden, das es so bis vor kurzem nicht gegeben hat. Vor allem für die SPÖ ist das ein irritierender Faktor, weil diese FPÖ Teile ihres Wählerpotenzials erschließen kann. Ein Verlust von zwei, drei Prozent könnte hier im Rennen um Platz eins bereits ausschlaggebend sein. Grund für Irritation besteht aber auch für die ÖVP, schließlich ist auch ihre Wählerklientel nicht gänzlich immun gegen die Themen der Strache-FPÖ. Die größere Gefahr sehe ich aber dennoch bei der SPÖ.

Ist das BZÖ endgültig gescheitert?

Derzeit ist das BZÖ gänzlich irrelevant, außer Jörg Haider zieht nun umfassende Konsequenzen. Das könnte eine großflächige Regierungsumbildung oder neue Themen sein.

Welche Themen bleiben dem BZÖ für 2006 denn noch zur Profilierung?

Möglich wäre hier etwa die Betonung sozialer Wärme. Neue Personen könnten das vielleicht plastischer und glaubwürdiger kommunizieren. Auch die vorhandene EU-Skepsis anzusprechen, ist ein Bereich. Das müsste jedoch regierungskompatibel, also unterhalb der Eskalationsschwelle, bei der Bundeskanzler Schüssel die Bremse zieht, geschehen. Und ganz wird Haider ja wohl das Anti-Ausländerthema auch nicht verlernt haben. Es gibt also durchaus Chancen, den Sprung 2006 über die Vier-Prozent-Hürde zu schaffen.

Verfügt die Marke Jörg Haider noch über ausreichend Zugkraft?

Gänzlich würde ich ihn noch nicht ins Ausgedinge stellen. Für Haider steht 2006 viel auf dem Spiel, es wird wohl seine letzte große Schlacht werden.

Schaden den Grünen ihre betonte Äquidistanz zu Schwarz und Rot? *

Offensichtlich reicht dieser Spagat für die Mobilisierung ihres Potenzials jedenfalls nicht aus. Die große Gefahr droht den Grünen 2006: In der zu erwartenden Zuspitzung der Nationalratswahlen auf die Frage "Wer wird Erster?" könnten manche Grün-Wähler verleitet sein, ihre Stimme auf die sichere Bank für einen Regierungswechsel zu setzen. Und die heißt für diesen Fall zweifellos SPÖ. Die Grünen wären dann Opfer einer koalitionstaktischen Entscheidung ihrer Wähler. Durch diese Stimmenwanderung ist aber auch eine stabile Mehrheit für Rot:Grün gefährdet. Nach den Wahlen vom Sonntag ist jedenfalls eine große Koalition von ÖVP und SPÖ noch wahrscheinlicher geworden.

Fritz Plasser ist Professor für Politikwissenschaft an der Universität Innsbruck.