AMS-Chef Sven Hergovich übernimmt die SPÖ Niederösterreich. Andreas Babler bekommt ein Mandat im Bundesrat.
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Einen "Neustart" kündigte Franz Schnabl am Montagabend an. Während er seinen Rücktritt als Vorsitzender der SPÖ Niederösterreich bekannt gab, stand sein designierter Nachfolger schon neben ihm: Sven Hergovich soll die angeschlagene Partei nach den Verlusten bei der Landtagswahl in die Zukunft führen. Der Geschäftsführer des AMS Niederösterreich ist 30 Jahre jünger als der glücklose Spitzenkandidat und auf der Bühne der niederösterreichischen Landespolitik bisher nicht in Erscheinung getreten. Trotzdem gilt der 34-Jährige als Hoffnungsträger. Als "roten Jungstar" bezeichnete in die "Presse", schon voriges Jahr veröffentlichte der "Falter" ein Porträt mit dem Titel "Genosse Wunderkind". Bundesparteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner sprach von einem "richtigen und starken Zeichen für junge Menschen".
Denn während seine bisherige politische Funktion als Vorsitzender der roten Jugendorganisation "Junge Generation" in Wien-Favoriten nicht für Schlagzeilen taugte, fiel er in seiner Zeit beim AMS durch innovative Arbeitsmarktprojekte auf. Sogar das renommierte US-Magazin "The New Yorker" berichtete über seinen Versuch, eine Art Arbeitsplatzgarantie für Langzeitarbeitslose im niederösterreichischen Gramatneusiedl umzusetzen. Der Versuch ist quasi die Umkehr der international bekannten Marienthal-Studie: In den 1930er Jahren untersuchte ein Forscherteam in der nahegelegenen Arbeitersiedlung mit damals bahnbrechenden Methoden die sozialen Auswirkungen von Langzeitarbeitslosigkeit.
An "Aktion 20.000" beteiligt
Eine weitere Idee Hergovichs war ein Klimaschutz-Ausbildungszentrum im Waldviertel: Dort sollen ab dem heurigen Jahr im Auftrag des AMS Fachkräfte im Kampf gegen den Klimawandel ausgebildet werden und etwa die Montage von Photovoltaikanlagen erlernen.
Bevor Hergovich 2017 erst stellvertretender Landesgeschäftsführer des Arbeitsmarktservice wurde - ein Jahr später stieg er zum Geschäftsführer auf -, arbeitete er in den Kabinetten zweier SPÖ-Minister. Sowohl im Kabinett der heutigen zweiten Nationalratspräsidentin Doris Bures als auch unter Alois Stöger war er als Referent im Verkehrsministerium tätig. In Stögers Zeit als Sozialminister wurde Hergovich, der zuvor ein Studium der Volkswirtschaftslehre abgeschlossen und bei der Arbeiterkammer Wien gearbeitet hatte, Leiter des Ministerbüros. Dort war er unter anderem an der "Aktion 20.000" beteiligt, ein Projekt der damaligen Regierung, um 20.000 geförderte Arbeitsplätze für Langzeitarbeitslose über 50 zu schaffen.
Nun warten aber erst einmal andere Herausforderungen auf Hergovich. In den kommenden Tagen wird er Gespräche über eine künftige Zusammenarbeit mit anderen Parteien in der neuen Landesregierung führen. Das wolle er mit allen Parteien tun, sofern es inhaltliche Gemeinsamkeiten gebe, betonte er im "ZiB2"-Interview. Eine Zusammenarbeit mit der FPÖ schloss er nicht dezidiert aus, "aber ich werde meiner Fraktion nie den Auftrag geben, Udo Landbauer zum Landeshauptmann zu wählen. Das geht sich für uns nicht aus." Seine Priorität sei es jedenfalls, "die Kernkompetenz der SPÖ der Arbeitenden zu stärken", wiederholte er vielfach im Interview.
Seine Funktion beim AMS wird Hergovich nun zurücklegen, außerdem seinen Hauptwohnsitz von Wien nach St. Pölten verlegen.
Rund 20.000 Stimmen für Babler
Geht es um die Erneuerung der SPÖ Niederösterreich fiel zuletzt immer wieder auch ein anderer Name: Andi Babler, Bürgermeister von Traiskirchen, ist einer breiteren Öffentlichkeit vor allem seit der Flüchtlingsbewegung 2015/2016 bekannt. Seit damals prangert er die Flüchtlingspolitik der jeweiligen Regierung an und berichtet über die teils unmenschlichen Bedingungen im Erstaufnahmezentrum in seiner Gemeinde. Im Wahlkampf hatte Babler vom letzten Listenplatz aus um Vorzugsstimmen gebuhlt. Mit Erfolg, wie sich am Dienstag zeigte: Rund 20.000 Stimmen hat Babler erhalten, kaum weniger als Spitzenkandidat Schnabl. Er wolle Bürgermeister von Traiskirchen bleiben, gleichzeitig aber auch ein Mandat im Bundesrat annehmen, sagte Babler in einer Videobotschaft. Das sei besonders wichtig, da dort die türkis-grüne Koalition nach den Verschiebungen in Niederösterreich erstmals ihre Mehrheit verliert.
Das zusätzliche Gehalt werde er nicht selbst annehmen, sondern an gemeinnützige Einrichtungen spenden, kündigte Babler an. Immerhin hatte es 2016 für Unmut in der SPÖ gesorgt, dass Babler vorübergehend zusätzlich zu seinem Bürgermeistergehalt auch noch ein Gehalt als Angestellter der Gemeinde bezogen hatte.
Jetzt liegt es auch an Babler, die Partei "zu entkrusten, zu entstauben und für die Zukunft ganz anders aufzustellen", so Babler. Er wird eine Reformkommission übernehmen, die die Partei inhaltlich und strukturell neu ausrichten soll.(vis)